Um 18.00 Uhr kommt es in Saint-Denis zur Neuauflage des Endspiels von 2012. Damals führte Spanien die "Squadra Azzura" richtiggehend vor und feierte mit dem 4:0 den höchsten Finalsieg der EM-Historie.

An eine Wiederholung der Ereignisse glaubt in dieser Form niemand. Während Spanien nach dem enttäuschenden Aus in der Gruppenphase bei der WM vor zwei Jahren in Frankreich phasenweise wieder an die spielerischen Glanzleistungen anschließen konnte, die zwischen 2008 und 2012 zu zwei Europa- und einem Weltmeistertitel geführt hatten, überzeugte Italien vor allem durch Effizienz und taktische Meisterleistungen.

Beide unterlagen im dritten Grupenspiel

Nach jeweils zwei Siegen zum Beginn dieser EM verloren beide Teams ihr drittes Gruppenspiel. Die Iberer mussten damit den lange Zeit sicher scheinenden Gruppensieg den Kroaten überlassen und treffen deshalb vergleichsweise früh auf das Team von Antonio Conte. Die Niederlage gegen Kroatien wollte man im spanischen Lager aber nicht überbewerten. "Diese Niederlage wird uns stärker machen. Wir werden die Fehler korrigieren", gab sich Juanfran entspannt.

Für Italien führt der Weg zum Erfolg wohl wie üblich über die Defensive. Stellvertretend für viele Landsleute glaubt auch Ex-Teamspieler Fabio Cannavaro an die Achse von Juventus Turin. Mit Tormann Gianluigi Buffon sowie den Abwehrspielern Giorgio Chiellini, Andrea Barzagli und Leonardo Bonucci sollen vier Akteure der "Alten Dame" die spanische Offensivpower entschärfen. "Gemeinsam können sie Großes schaffen", hoffte der Weltmeister von 2006.

Duell der Star-Trainer

Das Duell der beiden Fußball-Großmächte ist auch ein Duell der Trainer. Auf der einen Seite Vicente del Bosque, Welt- und Europameister mit Spanien. Der 65-Jährige betreut die Spanier wohl zum letzten Mal bei einem Großereignis, auch wenn er Fragen diesbezüglich gerne ausweicht. Nichts soll die Arbeit auf dem Platz stören. "Ich habe eine Idee, was sein könnte. Ich weiß nicht, ob man sie ändern kann, das hängt jedenfalls nicht vom Ausgang der Europameisterschaft ab", sagte er zuletzt.

Auf der anderen Seite steht Antonio Conte an der Seitenlinie. Der 46-Jährige baldige Chelsea-Coach, der zuvor noch kritisiert worden war, verkörpert den Aufschwung der Italiener und gilt vielen als der eigentliche Star. Taktisch perfekt eingestellt, als verschworene Einheit und mit großem Siegeswillen - so präsentiert sich Italien bisher bei der EM. "Wenn man einen großen Club trainiert, lernt man, welcher Weg zum Erfolg führt", sagte der ehemalige Juventus-Coach. Gegen Spanien wird es wohl wieder eine perfekte Vorbereitung Contes brauchen, um gegen den Titelverteidiger zu bestehen.

Die historischen Höhepunkte dieses Duells

WM-VIERTELFINALE 1934: Nach einem 1:1 in Florenz wurde das Duell einen Tag später wiederholt - ein Skandalspiel: Beim 1:0-Siegtreffer durch Giuseppe Meazza wurde der spanische Torhüter klar behindert. Den Gästen wurden zudem zwei Elfmeter und zwei eindeutige Tore verweigert. Für die "Azzurri" war es ein Riesenschritt auf dem Weg zum ersten Weltmeister-Titel.

EM-GRUPPENPHASE 1980: 0:0 im ersten Spiel der Gruppe. Torwart Luis Arconada rettet den einzigen Turnierpunkt für Spanien, das frühzeitig ausscheidet. Gastgeber Italien verliert später das letzte Spiel um Platz drei der EM-Geschichte nach Elfmeterschießen gegen die Tschechoslowakei.

EM-GRUPPENPHASE 1988: Und wieder spielt Italien Schicksal für den großen Rivalen. Spanien scheitert im Frankfurter Waldstadion vor allem an Torhüter Walter Zenga, Gianluca Vialli erzielt das Siegtor zum 1:0. Spanien muss wieder einmal vorzeitig nach Hause fahren. Italien unterliegt dann im Halbfinale der UdSSR mit 0:2.

WM-VIERTELFINALE 1994: Ein wüstes Spiel. Roberto Baggio trifft in der letzten Minute zum 2:1 für Italien. Mauro Tassotti bricht Luis Enrique in der Nachspielzeit mit einem Ellbogencheck das Nasenbein. Schiri Sandor Puhl aus Ungarn sieht es nicht, Tassotti wird später für acht Spiele gesperrt. Italien unterliegt im Endspiel Brasilien im Elfmeterschießen nach Roberto Baggios legendärem Fauxpas - auch dieses Spiel leitet Puhl.

EM-VIERTELFINALE 2008: Für Spanien war diese Partie die Wende einer bis dato eher unglücklichen Historie und vielleicht die Geburtsstunde des Traumteams um Iniesta, Xavi und Iker Casillas. Nach einem 0:0 siegt die Mannschaft von Trainer Luis Aragones im Elfmeterschießen. Casillas hält zwei Elfmeter zum 4:2 und sagt später einmal über jene Begegnung: "Das ist meine beste Erinnerung mit der Nationalmannschaft. Sie steht noch über der Weltmeisterschaft von Südafrika." Und: Es war der erste Pflichtspielsieg der "Furia Roja" gegen Italien überhaupt.

EM-FINALE 2012: Mit einem 4:0 fegt Spanien die "Squadra Azzurra" vom Platz. Selbst ohne echten Stürmer stellen die Spanier die blaue Abwehr vor unlösbare Probleme. David Silva, Jordi Alba, Fernando Torres und Juan Mata schießen die Tore im Olympiastadion von Kiew, wo Italien mit Verletzungen von Giorgio Chiellini und Thiago Motta haderte. Letzterer muss bereit wenige Minuten nach seiner Einwechslung wieder vom Platz. Da Italien bereits dreimal getauscht hat, sind die Azzurri zu zehnt gegen die kombinationsstarken Spanier endgültig auf verlorenem Posten.