Der Vizeeuropameister von 2012, Italien, steigt heute (21 Uhr) gegen den nicht mehr ganz so geheimen Titelmitfavoriten Belgien ins Turnier ein. Ohne große Erwartungshaltung. "Die Fans haben wenig Hoffnung, weil der Kader, verglichen zu den letzten Turnieren, nicht so gut besetzt ist", sagt Italien-Legionär Robert Gucher.

Der Steirer weist aber auch darauf hin, dass sich die Erwartungshaltung schnell ändern kann. "Ähnlich wie in Österreich kann man die Italiener schnell auf eine neue Euphoriewelle mitnehmen. Da reichen oft 90 gute Minuten."
Die "Squadra Azzura" muss in Frankreich auf die Geniestreiche von Andrea Pirlo verzichten. Der 37-Jährige wurde von Teamchef Antonio Conte nicht in den Kader berufen. "Derjenige, der ihn am ehesten ersetzen könnte, ist eigentlich Claudio Marchisio. Er hat bei Juventus von Pirlo gelernt", sagt Gucher. Doch Marchisio fehlt wegen eines Kreuzbandrisses ebenfalls.

Bewegung und Ballbesitz als Erfolgsrezept

Die Kaderzusammenstellung bezeichnet der Frosinone-Legionär mit in Österreich seit 2008 bekannten Worten: "Es sind vielleicht nicht die besten Spieler, aber jene, die wissen, was der Trainer will." Und Conte will "viel Bewegung und Ballbesitz. Aber bei einer EM muss man aufpassen. Da kann man nicht nur riskieren, sonst ist man gleich weg."

Die Daumen drückt der 25-Jährige, der mit Unterbrechungen seit acht Jahren in Italien spielt, natürlich für seine Wahlheimat. "Klar, das Herz schlägt auch für Italien. Sonst sitze ich auch mit dem Italien-Dress vor dem Fernseher. Diesmal aber nicht, weil wir ja auch bei der EM dabei sind." Mit den österreichischen Teamspielern hat er Kontakt, im November 2015 war er bei einem Lehrgang unter Marcel Koller selbst dabei, saß gegen die Schweiz auf der Bank. "Es war ein Traum, da dabei sein zu dürfen. Ich wäre für die EM bereit gewesen, habe aber nie damit gerechnet, mitzufahren. Es ist richtig, dass die Spieler beim Turnier sind, die sich qualifiziert haben."

In Zukunft ist das Team aber wieder ein Ziel von Gucher. Bis dahin hofft er als Fan in besonderer Kleidung auf ein tolles Turnier: "Ich werde bei Österreich-Spielen mein Dress anziehen, das ich beim Nationalteam bekommen habe."

DANIEL JEROVSEK