Das französische Innenministerium hat nach den Fan-Zusammenstößen in Marseille bei der EM-Partie England - Russland (1:1) den Vorwurf mangelnder Vorbereitung auf Gewalt von Hooligans zurückgewiesen. Sprecher Henry-Pierre Brandet betonte am Sonntag, dass die Behörden zahlreiche vorbeugende Maßnahmen ergriffen hätten. So habe die britische Regierung vor der EM 3.000 Hooligans ihre Pässe abgenommen.

Frankreich habe im Gegenzug Einreiseverbote gegen 3.000 Menschen verhängt. "Wenn es ein Scheitern gibt, ist es ein Scheitern des Fußballs, der ganz klar zeigt, dass er noch an einem Teil seiner Fans krankt", sagte Brandet dem Sender BFMTV. "Leider sind alle internationalen Turniere seit fast 30 Jahren von Zusammenstößen zwischen Fans besudelt - das war auch bei der EM 2012 der Fall."

Thema: Alkoholverbot

Auf die Frage nach dem Verbot des Verkaufs von Alkohol in den Innenstädten von EM-Städten, wie es beispielsweise für die nordfranzösische Stadt Lens verhängt wurde, verwies Brandet auf die Zuständigkeit der Bürgermeister. "Es ist klar, dass das Dinge sind, die erwogen werden."

Brandet ging davon aus, dass es weitere Festnahmen geben werde, wenn die Videoaufnahmen der Polizei ausgewertet seien. Bei den Zusammenstößen am Samstag mit 35 Verletzten in Marseille waren acht Menschen festgenommen worden, ein britischer Fan schwebt in Lebensgefahr.

Kritik aus Russland

Russlands Sportminister Witali Mutko beklagte dagegen unzureichende Sicherheitsmaßnahmen. "Man muss solche Spiele gut organisieren und die Fans (im Stadion) trennen", sagte er Moskauer Medien zufolge. So habe es etwa keine Fangnetze zum Schutz vor Feuerwerkskörpern gegeben. Auch der russische Verbandsfunktionär Wjatscheslaw Koloskow kritisierte mangelnde Sicherheitskontrollen in Marseille. "Heute bringt man Feuerwerkskörper ins Stadion, morgen vielleicht eine Bombe", sagte der Ehrenvorsitzende des russischen Fußball-Verbandes (RFS).

Dem russischen Generalkonsulat in Marseille zufolge wurde mindestens ein Russe bei den Krawallen festgenommen. Dem Mann drohe eine Haftstrafe wegen Körperverletzung, sagte ein Behördensprecher am Sonntag der Agentur Tass. Unter den Schwerverletzten sei nach vorläufigen Angaben kein Russe.

Viel schlimmere Zwischenfälle verhindert

Die französischen Behörden verteidigten indes ihr Vorgehen bei den Ausschreitungen. "Leider hat es nicht eine gewisse Zahl von Verletzten verhindern können", sagte der Polizeipräfekt der Mittelmeerstadt, Laurent Nunez, am Sonntag dem Radiosender France Info. "Aber ich möchte hervorheben, dass die schnelle Reaktion, die Beherrschung und die Entschlossenheit der Polizisten zweifellos erlaubt haben, noch viel schlimmere Zwischenfälle zu verhindern."

Infolge von Provokationen sei es gegen 16.00 Uhr an verschiedenen Orten zu einer Reihe von Schlägereien zwischen Fan-Gruppen gekommen. "Das ist ein extrem schwieriges Einsatz-Terrain", betonte Nunez. Die Polizisten seien systematisch eingeschritten, um Auseinandersetzungen schnell zu beenden oder zu vermeiden.

"Ohne das schnelle Eingreifen der Sicherheitskräfte (...) hätte die Situation noch weiter eskalieren können", betonte Brandet. Dennoch sei die Bilanz der Zusammenstöße mit einem lebensgefährlich Verletzten am Samstag nicht akzeptabel.