Die russische Aggression in der Ukraine dauert schon fast ein Jahr. Damit müssen in Österreich die Vertriebenenkarten Geflohener bis Ende Februar erneuert werden. Dies werde gerade vorbereitet, wie Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) im APA-Interview betont. Gleichzeitig will er im ersten Halbjahr "ergebnisoffen" klären, welchen Status die Vertriebenen aus der Ukraine künftig haben.
Aktuell sind sie ja in der Grundversorgung untergebracht. "Bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag" würden sie dort sicher nicht bleiben, meint der Innenminister. Sie z. B. ins Sozialhilfe-System zu integrieren, war in der Vergangenheit öfter überlegt worden. Karner legt sich hier nicht fest, stellt aber klar, dass man sich hier schon mit dem AMS Gedanken mache. Denn basierend auf den Erfahrungen des Jugoslawienkriegs schätzt man, dass etwa die Hälfte der aus der Ukraine Vertriebenen in Österreich bleiben könnte.
Keine Not für zusätzliche Unterkünfte
Aktuell sind rund 56.000 Ukrainer in der Grundversorgung, wobei die Zahl laut Karner seit Längerem konstant bleibt. Dies führte in Verbindung mit relativ hoher Zahl an Asylwerbern zur Unterbringungskrise im Herbst, die sogar zur Aufstellung von Zelten führte. Der Innenminister sieht aber deshalb keine Notwendigkeit, zusätzliche Unterkünfte zu etablieren. Das übergeordnete Ziel sei "weniger illegale Migration, nicht mehr Quartiere".
Gefordert sieht der Innenminister dabei weiter die EU, die bei Reformen im Migrationsbereich in die Gänge kommen müsse. "Am sinnvollsten" wäre es laut dem Ressortchef, wenn Flüchtlinge gar nicht auf Booten oder in Lkws in die EU kämen. Das heißt, sie sollten künftig aus anderen Ländern heraus ihre Anträge an der Außengrenze oder in sicheren Drittstaaten stellen. Das Schengen-Veto verteidigt der Ressortchef. Der Antrag auf Erweiterung um Rumänien und Bulgarien sei "überfallsartig" zu einem Zeitpunkt auf den Tisch gelegt worden, wo Schengen so schlecht funktioniere wie noch nie.
"Fest an der Asylbremse drücken"
Der Forderung von FPÖ und Teilen der Wiener ÖVP nach einem kompletten Asylstopp schließt sich der Innenminister auf entsprechende Fragen nicht an, spricht sich aber dafür aus, "weiter fest auf die Asylbremse zu drücken". Zugleich reitet er eine Attacke gegen die Freiheitlichen und deren Chef Herbert Kickl. Dieser habe als Innenminister keine Maßnahmen gesetzt, nichts in diesem Bereich erreicht und schreie nun laut und hüpfe "wie ein Gockel" herum.
Zudem betreibe er Asyltourismus, wenn er zur Grenze und dann von dort zu geplanten Flüchtlingsunterkünften herumreise – und wenn er selbst keine Zeit habe, schicke er "seine Identitären". Dass Kickl hier mit einer als rechtsextrem eingestuften Bewegung kooperiert, sieht Karner als "schäbig und bedenklich".
Latente Bedrohung durch Staatsverweigerer
Die Staatsverweigerer-Szene, die vor allem im rechtsextremen Bereich rekrutiere, sieht der Innenminister derzeit mit dem politischen Islam als gefährlichste Bewegungen. Dabei gebe es zwar "keine akute Gefährdung, aber eine latente Bedrohung". Zum Wunsch von DSN-Chef Omar Haijawi-Pirchner nach mehr Befugnissen und Instrumenten in der Extremismus-Bekämpfung meinte Karner, dass er an sich in seiner Funktion alles unterstütze, was zu mehr Sicherheit beitrage. Man hantle sich hier mit dem Koalitionspartner entlang des Regierungsprogramms voran.
Den Überlegungen des Linzer Bürgermeisters Klaus Luger (SPÖ) nach gewissen Einschränkungen der Demonstrationsfreiheit tritt Karner nicht bei. Es gebe jetzt schon Möglichkeiten für die Polizei, aber auch für die lokalen Behörden, Einfluss zu nehmen. Bei den sogenannten Klima-Klebern, die mit ihren Aktionen wiederholt in größeren Städten den Autoverkehr gestört haben, plädiert der Minister dafür, weniger Aufmerksamkeit aufzuwenden und stattdessen mit höheren Strafen zu reagieren, wie es die Wiener Polizei ja schon gemacht habe.