Herr Dr. Brunner, Sie werben für sich als „Volkspräsident“. Was heißt denn das?

MICHAEL BRUNNER: Diese Bezeichnung habe ich gewählt, weil ich für die Bevölkerung seit 16. 3. 2020, als die Coronamaßnahmen in Kraft getreten sind, voll umfänglich tätig war. Ich habe Verfassungsgerichtshofbeschwerden geschrieben, und gewonnen, habe die „Rechtsanwälte für Grundrechte“ gegründet, die MFG und die Freien Arbeitnehmer. Ich bin mit der Bevölkerung auf die Straße gegangen, ich war immer beim Volk und das Volk war immer bei mir, daher der „Volkspräsident“.

Wenn Sie so nahe am Volk sind, wie viele Stimmen erwarten Sie bei der Wahl?

Ich erwarte überhaupt nichts. Ich lasse mich bei der Wahl überraschen und freue mich über jedes Ergebnis.

Auch über zwei Prozent, die ihnen in einer aktuellen Umfrage prognostiziert worden sind?

Selbstverständlich. Rom ist nicht an einem Tag erbaut worden und die Christengemeinden im 1. Jahrhundert haben sich auch langsam entwickelt.

Mit vielen Abspaltungen und gegenseitigen Häresien, wie es sie auch bei der MFG gegeben hat.

Es gab keine Abspaltungen, sondern es haben uns einfach Leute, die nicht zu uns gepasst haben, verlassen. Es sind Leute gekommen, die Abenteuer gesucht haben und sich bei uns nicht einfinden konnten.

Sie haben als einer von mehreren Kandidaten angegeben, Sie würden die Bundesregierung entlassen. Warum denn?

Ein Grund ist, dass der Regierung durch den Verfassungsgerichtshof mehr als hundert Verfassungs- und Rechtsbrüche attestiert wurden. Eine Regierung, die Rechtsbruch begeht, ist nicht tragbar. Dazu kommt die sinn- und menschenrechtswidrige Corona-Politik, die verfehlten EU-Sanktionen gegen Russland, keine kompetenten Maßnahmen gegen die Teuerung. Wir befinden uns in einer Staats-, Rechts- und Wirtschaftskrise. Wenn ich gewählt werde, werde ich das Chaos beenden.

Würde es das Chaos beenden, eine Regierung zu entlassen?

Wir müssen zunächst die Ursache des Übels beheben, das ist diese Regierung in Verbund mit dem amtierenden Bundespräsidenten. Der Bundespräsident muss dann eine Übergangsregierung bestellen, die würde ich aus Fachleuten auswählen. Im Vorfeld zwischen der Wahl und Angelobung würde ich mit allen Parlamentsparteien Gespräche führen, wie wir rasch und einvernehmlich zu Neuwahlen kommen.

Sie glauben, dass Neuwahlen zu mehr Stabilität führen und die Krisen dadurch weggehen?

Selbstverständlich. Es gibt dann ein neu gewähltes Parlament, die Bevölkerung kann ihren Willen neu einbringen. Es wird aller Voraussicht auch die MFG zweistellig in den Nationalrat einziehen, es sind alle Karten neu gemischt.

Eine solche Vorgehensweise wäre in Österreich beispiellos, ein Schritt zur Präsidialrepublik.

Nein, das wäre es nicht, wir sind keine Präsidialrepublik. Ich nehme nur die Rechte und Möglichkeiten eines Bundespräsidenten wahr. Das hatten wir in Österreich noch nicht – wir hatten aber auch noch nie eine so inkompetente Regierung und einen Präsidenten, der dazu geschwiegen und sich damit indirekt mitschuldig gemacht hat.

Was stört Sie an den Sanktionen gegen Russland?

Die Sanktionspolitik richtet sich gegen die eigene Bevölkerung und bringt keinen Nutzen für die Ukraine. Mehr als 52 Prozent sind mit den Sanktionen nicht mehr einverstanden. Was die EU eigentlich wahrnehmen sollte, nämlich Friedens- und Wohlstandspolitik, wird sträflich vernachlässigt.

Wenn wir die Sanktionen beenden, signalisieren wir doch, wir tolerieren Russlands Krieg.

Wir tolerieren keinen Krieg, wir verurteilen ihn. Wir verurteilen jeden Angriffskrieg, aber nicht nur den Krieg von Russland, sondern auch all die Kriege der USA. Da gab es keine Sanktionen.

Hand aufs Herz: Sie haben geringe Chancen, dass Sie Bundespräsident werden. Ist das nicht nur ein Testlauf, um der MFG den Weg zu den nächsten Nationalratswahlen zu bereiten?

Das ist kein Testlauf. Wir als politische Partei sind dazu aufgerufen, von jeder Wahl Gebrauch zu machen und uns bei jeder Wahl einzubringen. Wir machen Gebrauch von unseren Rechten, denn wir heißen ja „Menschen, Freiheit, Grundrechte“.