Nach der angekündigten Stationierung weitreichender US-Raketen in Deutschland hat der Kreml davor gewarnt, dass Europas Hauptstädte in Folge zum Ziel russischer Raketen werden könnten. Kreml-Sprecher Dmitri Peskow sagte am Samstag: „Europa ist ein Ziel für unsere Raketen, unser Land ist ein Ziel für US-Raketen in Europa.“ Er fügte hinzu: „Wir haben die Kapazitäten, diese Raketen in Schach zu halten, aber die potenziellen Opfer sind die Hauptstädte dieser europäischen Länder.“

Die USA und Deutschland hatten vor wenigen Tagen die Stationierung von weitreichenden US-Raketen ab 2026 in Deutschland angekündigt. Konkret genannt wurden in einer Erklärung am Rande des NATO-Gipfels vergangene Woche in Washington Raketen längerer Reichweite vom Typ SM-6 sowie Tomahawk-Raketen mit einer Reichweite bis 2.500 Kilometer, die auch nuklear bestückt sein können sowie in der Entwicklung befindliche Hyperschall-Raketen, wodurch die Reichweiten bisheriger Raketen in Europa deutlich erhöht würden. Mit der Stationierung sollen das Engagement der USA für die NATO und ihr Beitrag zur Abschreckung gegenüber Russland unterstrichen werden.

Der Kreml hatte den Beschluss bereits am Donnerstag scharf kritisiert. Dies sei ein weiterer Schritt „in Richtung Kalter Krieg“, erklärte Peskow. Er warf den USA, Deutschland, Frankreich und Großbritannien auch eine direkte Beteiligung „am Konflikt rund um die Ukraine“ vor.

Waffen dienten „der Abschreckung“

Ein Sprecher des deutschen Verteidigungsministeriums verwies am Samstag auf Anfrage von AFP auf Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD), der am Donnerstag im Fernsehsender ZDF auf den rein defensiven Charakter verwiesen habe. Pistorius hatte gesagt, die Waffen dienten „der Abschreckung, nicht mehr und nicht weniger. Sie dienen dazu deutlich zu machen, dass wir uns auch auf diese Distanz zur Wehr setzen könnten, wenn das erforderlich würde, wir also angegriffen würden.“ Es handle sich um „eine reine Vorsichtsmaßnahme“.

Der russische Präsident Wladimir Putin habe „gezeigt wozu er bereit und in der Lage ist“, sagte Pistorius weiter. Es gehe darum, „dieser Bedrohung eine klare Abschreckungsfähigkeit und Verteidigungsbereitschaft entgegenzusetzen“.

Die dänische Ministerpräsidentin Mette Frederiksen sagte der „Welt am Sonntag“ laut Vorausbericht, die Ukraine solle westliche Waffen auch gegen russisches Territorium einsetzen können. „Aus dänischer Perspektive kann das, was wir der Ukraine gegeben haben, außerhalb der Ukraine verwendet werden - solange es im Einklang mit dem Völkerrecht steht.“ Es reiche nicht aus, der Ukraine nur das zu geben, was sie zur Verteidigung brauche. „Wir müssen mehr tun, um Russland zurückzudrängen.“ Das Wichtigste sei nun, mehr Luftverteidigungssysteme in die Ukraine zu bringen.

Das russische Verteidigungsministerium hatte am Freitagabend mitgeteilt, Verteidigungsminister Andrej Beloussow habe mit seinem US-Kollegen Lloyd Austin telefoniert und habe mit ihm über eine Verringerung der Gefahr einer „möglichen Eskalation“ gesprochen. Eine Pentagon-Sprecherin sagte, Austin habe in dem Gespräch die „Bedeutung der Aufrechterhaltung von Kommunikationsdrähten“ mit Moskau inmitten des Konflikts in der Ukraine und kurz nach dem Nato-Gipfel in Washington betont.