Herr Professor, es ist noch nicht lange her, da galt das Thema Krebs als Tabu. Wer daran erkrankt war, sprach darüber nicht öffentlich. Man umschrieb die Krankheit etwa mit "schwerem Leiden". Heute gehen Prominente freimütig damit an die Öffentlichkeit.

HELLMUT SAMONIGG: Als wir am Grazer Universitätsklinikum vor gut zwanzig Jahren die vom Künstler Friedensreich Hundertwasser gestaltete Krebsabteilung eröffneten, schrieben wir "Onkologie" darüber. Viele meinten, das könne man doch nicht machen, man könne diese Bezeichnung so öffentlich nicht nennen.

Die ehemalige Nationalratspräsidentin Barbara Prammer gab öffentlich bekannt, dass bei ihr Krebs diagnostiziert worden ist, gleichfalls der renommierte Journalist Kurt Kuch. Und jetzt Gesundheitsministerin Sabine Oberhauser. Ist das Tabu, das über diese Krankheit gebreitet wurde, endgültig überwunden?

SAMONIGG: Man muss das differenziert sehen. Prammer machte die Tatsache bekannt, aber nicht, welche Art Krebs es ist. Um aus der Diagnose nicht eine öffentliche Prognose, wie lange sie noch zu leben hat, werden zu lassen. Und als Zeichen gegen die Tabuisierung. Kurt Kuch ließ seinen Kampf gegen die Erkrankung und sein Leid über soziale Medien miterleben. Und er bewirkte etwas damit: die Verstärkung des Nichtraucherschutzes. Die jetzige Gesundheitsministerin sagt gleich konkret, was es ist.

Ein mutiger Schritt? Ein notwendiger Schritt für heutige Politiker?

SAMONIGG: Es ist wesentlich anstrengender, eine Krebserkrankung zu verstecken, zu verheimlichen, als offen damit umzugehen. Wenn man sich immer wieder entschuldigen lassen muss, wird getuschelt. Und das ist oft schlimmer als die Realität. Krebserkrankungen nicht zu verdunkeln, hilft den Betroffenen.