In Klagenfurt wurde soeben die Ausstellung „100 Jahre Radio in Kärnten“ eröffnet. Es werden wohl noch zahlreiche weitere Jubiläumsveranstaltungen in anderen Bundesländern folgen. Denn am 1. Oktober 1924 wurde in Wien die Radio-Verkehrs-AG etabliert, die erste Rundfunkgesellschaft des Landes. 1939 liquidiert, war sie der Ahn des 1955 gegründeten ORF. Anders als dieser Österreichische Rundfunk (er heißt offiziell noch so), der nach Testläufen bereits 1958 den Regelfernsehbetrieb aufnahm, blieb die Ravag ein Synonym für Radio. Drei Viertel der Bevölkerung nutzen diesen Hörfunk heute noch täglich. Zwei Drittel des Publikumsmarktes hat weiterhin der ORF. Oder hatte?

Die letzten öffentlich verfügbaren Daten gelten für die erste Hälfte des Vorjahres. Der Radiotest für 2023 ist seit Monaten überfällig. Er hätte wie gewohnt im Februar erscheinen sollen, brachte aber offenbar Ergebnisse, über deren Präsentation hinter den Kulissen heftig gerungen wird. Eine Ursache dafür dürfte die Neugewichtung des Onlineanteils in der Befragung der zuletzt fast 23.000 Personen für die ursprünglich nur telefonisch durchgeführte Marktforschung sein. Die Quote solcher Interviews wurde 2022 auf zehn und 2023 auf 20 Prozent angehoben, um die proportionale Erfassung aller Zielgruppen ab zehn Jahren sicherzustellen. Seitdem verschieben sich die Quoten zwischen ORF und Privatsendern rasanter als je zuvor. Insbesondere Ö 3, das mit 50 Millionen Euro für ein Viertel der öffentlich-rechtlichen Werbeeinnahmen sorgt, war davon negativ betroffen.

Der Zeitpunkt der Verunsicherung ist für den ORF besonders ungünstig, weil der langjährige Ö 3-Chef Georg Spatt als Flottenmanager des größten Privatradios Kronehit im Sommer gleich vier neue Angebote starten wird – via DAB+, dem Digital Audio Broadcasting, auf dem der ORF nicht vertreten ist. Das österreichische Programmangebot auf diesem Verbreitungskanal wächst damit auf 58. Unterdessen hat kaum jemand registriert, dass der zweite herkömmliche bundesweit ausgestrahlte Privatsender, Radio Austria aus dem Medienhaus Fellner, gescheitert ist. Nur ein noch weit über dem ORF-Verdienst liegendes Gagenangebot für Ö 3-Star Robert Kratky macht dazu aktuell die Runde.

Ebenso unterbelichtet, in diesem Fall aber zu Unrecht, bleibt die rasante Podcast-Entwicklung. Allein die Teilnehmerzahl an ihrer im Jänner gestarteten Nutzungserhebung durch die Auflagenkontrolle ÖAK hat sich von zehn über 18 auf 28 im März erhöht. Letztlich droht dem Radio vor allem von dort Konkurrenz. Audio erlebt einen Boom, doch er gilt vor allem Podcasts. Das wird auf Dauer nicht zur Ausweitung, sondern Verschiebung der Hörmediennutzung führen. Denn wir haben nur zwei Ohren.