Elf Siege in den jüngsten 18 Slaloms, die er bestritten hat. Henrik Kristoffersen, Norweger, 22 Jahre jung, setzt derzeit Maßstäbe im Skiweltcup, degradiert auch Marcel Hirscher zur Nummer zwei, mit gerade einmal 22 Jahren sind Siege für ihn Gewohnheit, Erfolge Routine.
Er war immer der Letzte
Rückblende, etwa 18 Jahre zurück. Einar Witteveen ist Trainer des Skiklubs von Rælingen nahe Oslo. Einer seiner Schützlinge ist Henrik Kristoffersen. Der Kleinste der Gruppe, ein Jahr jünger. Und nicht wirklich geschickt. „Wenn wir Koordinationsübungen oder Kraftübungen gemacht haben, war ich immer der Letzte, der dran war. Alle anderen hat Einar immer mit der Videokamera aufgenommen, vor mir hat er sie immer ausgemacht“, erzählt Kristoffersen heute. Nie gab es ein „Gut gemacht“ vom Trainer, nie Lob. Warum nicht? „Weil ich so schlecht war, es hat ja gestimmt.“
Aber eins war immer dabei beim kleinen Henrik: die Begeisterung, die Sucht nach Bewegung. „Ich habe“, sagt Kristoffersen, „die Schule gehasst. Nicht, weil ich schlecht war. Sondern weil ich lieber draußen gewesen wäre. Ich wollte mich einfach bewegen, nicht still sitzen.“
Am liebsten tat er das auf Ski oder auf dem Eislaufplatz beim Eishockey. Im Winter. Im Sommer saß er schon bald auf einer Motocross-Maschine oder ging zum Klettern. Wie gut, dass sein Elternhaus gerade fünf Minuten entfernt vom „Marikollen Skisenter“ lag, einem der kleinen Skigebiete Norwegens: ein Schlepplift, eine Piste mit vielen Übergängen, gerade einmal fünf Minuten entfernt von seinem Elternhaus. „Aber magisch“, sagt Kristoffersen. Was für ein Glück, dass sein Opa Obmann des Skiklubs war, ebenso einen Schlüssel für den Lift besaß wie sein Onkel und Papa Lars. Und wie gut, dass Henrik Spaß hatte. Denn gut, das war er eben nicht.
"Talent zum Trainieren"
Sein heutiger Cheftrainer, der Steirer Christian Mitter, verdreht ob der Frage nach dem Talent seines Schützlings nur die Augen. „Das Wort Talent“, sagt er, „ist ja ein Mythos. Wenn es darum geht, dass ihm das Talent, einen geschnittenen Schwung auf Ski zu fahren, nicht in die Wiege gelegt wurde, dann stimmt das. Aber dieses Talent, das hat keiner. Denn Skifahren ist ja an sich eine unnatürliche Bewegung!“ Aber eine, die man lernen kann, sagt Mitter. Und dafür brachte Kristoffersen sehr wohl Talent mit. Mitter: „Das Talent zum Trainieren. Du musst schon eine gewisse Persönlichkeit sein, um vor der Schule aufzustehen, zwei, drei Stunden zu trainieren und dann nach der Schule um 17, 18 Uhr noch einmal zwei Stunden. Das ist das Talent, das du brauchst!“ Der Rest, sagt Mitter, ist Übungssache, das Wiederholen von Bewegungsabläufen. Im Skifahren, aber auch in anderen Sportarten. „Wenn ein Golfer wie Jordan Spieth den Ball aus 90 Metern genau zum Loch schlägt, sagen viele, das ist gottgegeben. In Wahrheit ist es ein Ablauf, den er geübt hat, sicher tausend Mal“, sagt Mitter.
Und das war es, was Kristoffersen tat. „Es war sein Antrieb. Er wollte nicht hinterher sein, er wollte nicht Letzter sein. Er wollte gewinnen“, erzählt Trainer Witteveen. Und zwar mehr als die anderen, intensiver. So lange, bis es zum Erfolg führt. „Er überlebte diesen Kampf“, sagt Witteveen. Eine Tugend, die in Norwegen gern gesehen wird. Denn die Kinder, die haben sich im „Wilden Westen“ durchzusetzen, wie es Christian Mitter beschreibt. Soll heißen: „So viele Rennen wie möglich, so viel Training wie möglich. Die Besten werden übrig bleiben. Was in Norwegen geschätzt wird, ist auch unter Trainern einfach erklärt: Sei der erste auf der Piste am Morgen und am Abend der, der den Lift zusperrt.“
Der Beste, das war Kristoffersen dann doch schneller, als manche erwartet hatten. Weil er neben dem Trainingsfleiß noch ein anderes Talent hat: „Am Start“, sagt Vater Lars, „wird er zum Killer. Dann hat er die Fähigkeit, noch einmal zuzulegen. Dann ist er in einer Blase. Und aufgeben wird er nie.“
Das Urteil der Trainer heute: Henrik Kristoffersen ist nicht der Stärkste. Er ist nicht der Schnellste. Aber er weiß, wie er seine Fähigkeiten einsetzt. Oder, wie es sein Trainer Witteveen heute sagt: „Er ist nie den schnellen Weg gegangen - er ging den Weg, der für seine Zukunft der beste war.“ Ein Talent, das Erfolge bringt.
„ Ich bin der Beweis dafür, dass sich harte Arbeit auszahlt, auch wenn man kein Talent hat.
„ Talent ist ein Mythos. Was es braucht, ist das Talent, mehr zu trainieren, mehr zu üben.