Im Interview mit der "Kleinen Zeitung" und anderen Bundesländerzeitungen sagte Christian Kern, dass mit ÖVP-Chef Reinhold Mitterlehner vereinbart sei, "dass jeder Kandidaten nominiert".
Wichtig sei "eine gewisse Unabhängigkeit", sagte er. "Ich glaube, dass wir schlecht beraten wären, wenn wir versuchen, politische Kantonisten durchzusetzen." Griss hielte Kern für geeignet. "Für Ihre Arbeit rund um die Hypo kann man ihr nur größte Wertschätzung entgegenbringen. Aber ich bin überzeugt, dass uns darüber hinaus noch vier, fünf weitere hervorragende Kandidatinnen einfallen werden."
Griss winkt ab
Allerdings gibt es von Griss bereits eine Absage. ÖVP-Klubchef Reinhold Lopatka hatte der früheren Präsidentin des Obersten Gerichtshofs, die bei der Bundespräsidentenwahl den Einzug in die Stichwahl verpasst hatte, eine Nominierung angeboten. Griss lehnte ab. "Ich bewerbe mich nicht um das Amt", sagte sie Anfang Mai.
Die Nominierungen für die RH-Präsidentschaft müssen bis 3. Juni feststehen. Jede Nationalratsfraktion kann maximal zwei Kandidaten vorschlagen. Am 8. Juni findet ein öffentliches Hearing statt, tags darauf beschließt der Hauptausschuss des Nationalrats seinen Wahlvorschlag. Vollzogen wird die Wahl dann im Juni-Plenum des Nationalrats. Der oder die Nachfolger(in) von Josef Moser kann das Amt als RH-Chef damit am 1. Juli 2016 antreten.
Ungarn zürnt
Unterdessen setzt sich Ungarn zur Wehr: Ungarns Außenminister Peter Szijjarto hat sich verstimmt über Aussagen von Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) gezeigt, der sich am Dienstag gegen einen "autoritären Führerstaat" gewandt und die Flüchtlingspolitik von Premier Viktor Orban kritisiert hatte. Die Haltung Wiens im Umgang mit Flüchtlingen sei "bigott und von Frustration getragen", sagte Szijjarto am Dienstag der Nachrichtenagentur MTI.
"Zu glauben, der Kanzlerwechsel würde zu einem Wechsel der (politischen) Kultur führen, ist eine Illusion", fügte Szijjarto mit Blick auf den auf Druck der öffentlichen Meinung erfolgten Schwenk in der österreichischen Flüchtlingspolitik hinzu.
Kern hatte nach dem Ministerrat mit Blick auf den Erfolg des FPÖ-Kandidaten Norbert Hofer bei der Bundespräsidentenwahl davor gewarnt, in der Flüchtlingspolitik auf autoritäre Lösungen zu setzen. "Zu glauben, dass man bei der Asylproblematik das Problem wegzaubern kann, indem man den Eindruck vermittelt, dass Reformen bedeutet, Österreich in einen autoritären Führerstaat zu verwandeln, ist eine Illusion", sagte Kern. "Nicht einmal der Herr Orban kann sich wünschen, die Flüchtlinge wegzubeamen, wie wir anhand den jüngsten Entwicklungen sehen."
Der rechts-konservative ungarische Regierungschef hat sein Land mit Zäunen gegen Flüchtlinge abgeschottet und macht mit Kampagnen Stimmung gegen Fremde. Kritiker werfen ihm den Abbau der Demokratie in Ungarn vor.
Kern hatte vergangene Woche die Nachfolge des nach dem SPÖ-Debakel bei der Bundespräsidentenwahl zurückgetretenen Werner Faymann angetreten. Auch dieser hatte in der Vergangenheit Orban wegen dessen harter Flüchtlingspolitik kritisiert und dabei auch Vergleiche mit den Deportationen im Nazi-Regime angestrengt.