Begleitet wurde der russische Präsident unter anderem von Außenminister Sergej Lawrow, Energieminister Alexander Nowak, Gazprom-Chef Alexej Miller und Rosatom-Chef Sergej Kirijenko, wie die staatliche ungarische Nachrichtenagentur MTI berichtete. Die Sicherheitsvorkehrungen waren enorm. Die Polizei riegelte vier Donaubrücken, mehrere Autobahneinfahrten und praktisch die gesamte Innenstadt ab.
Putins erste Auslandsreise seit Beginn der brüchigen Waffenruhe in der Ostukraine führte ihn in ein EU- und NATO-Mitgliedsland. Sein Gastgeber, der rechtskonservative ungarische Ministerpräsident Viktor Orban, lehnt sich seit 2010 enger an Moskau an. Bei Rosatom bestellte Orban zwei neue Reaktorblöcke für das AKW Paks. Gazprom ist traditionell Ungarns wichtigster Gaslieferant. Der machtbewusste Orban bezeichnete die Großmacht im Osten schon einmal - zusammen mit China, der Türkei und Singapur - als "Vorbild". Kritiker werfen ihm autoritäre Tendenzen vor, die an Putin erinnerten.
Der Krieg in der Ostukraine und die russische Annexion der Krim ließen Orbans seltsamen Kuschelkurs in den Augen der westlichen Bündnispartner immer fragwürdiger erscheinen. Vor zwei Wochen besuchte die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel ihren "Parteifreund" Orban in Budapest, um ihn an gewisse Bündnisverpflichtungen zu erinnern. Dessen Regierungspartei Fidesz gehört wie Merkels CDU der Europäischen Volkspartei (EVP) an. Tatsächlich hatte Orban die EU-Sanktionen gegen Moskau als "Schuss ins eigene Knie" bezeichnet, diese jedoch in den EU-Gremien bislang stets mitgetragen.
Die Zuspitzung des Konflikts in der Ukraine ließ Orban schließlich auf eine Schaukelpolitik - böse Zungen nennen es einen "Eiertanz" - einschwenken. Am vergangenen Freitag besuchte er unversehens den bedrängten ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko in Kiew. In Budapest hatte er zuvor den Außenminister der pro-ukrainischen polnischen Regierung empfangen. Bei der Merkel-Visite hatte er sich mehr oder weniger klar zur Unterstützung der EU-Politik bekannt.
Fast scheint es, als würden die europäischen Großmächte um die Gunst des kleinen Donaulandes buhlen. "Putins Absicht ist es, die Regierung eines EU-Mitgliedslandes, die zwischen Brüssel und Moskau herumlaviert, noch enger an sich zu binden", schrieb die Budapester Oppositionszeitung "Nepszabadag" in ihrem Leitartikel am Dienstag. "Die Gespräche (in Budapest) müssen eine Antwort darauf geben, ob die ungarische Führung auch weiterhin bereit sein wird, trotz des Drucks der EU die Interessen der russischen Politik zu unterstützen", kommentierte das Moskauer Wirtschaftsblatt "Kommersant".
Viele fragen sich, warum sich Orban auf diesen außenpolitisch riskanten, demonstrativen Umgang mit Putin einlässt. "Wir brauchen billige Energie", pflegt Orban die enge Zusammenarbeit mit Moskau zu begründen. Tatsächlich senkte die Orban-Regierung seit 2010 die Gas-, Strom- und Fernwärmepreise für die Haushalte per Verordnung um rund 25 Prozent. Die Energiedienstleister mussten in dicken Lettern auf ihre Rechnungen schreiben, um wie viel sich die zu bezahlende Summe dank der Regierung reduzierte.
Der "Kampf gegen den Dämon Wohnnebenkosten" trug entscheidend zur Wiederwahl Orbans 2014 bei. Andras Deak, Energieexperte am Institut für Weltwirtschaft der Ungarischen Akademie der Wissenschaften, verweist darauf, dass die Energiepreise auf den Weltmärkten zuletzt stark gefallen sind. "Aber Orban verhandelt mit Putin, präsentiert neue Verträge und kann dann sagen: seht her, das Gas wird billiger, und es ist mein Verdienst."