In sozialen Netzwerken gibt es seit dem Wochenende heftige Kritik am deutschen Sender ZDF: der öffentlich-rechtliche Sender hat aus seiner Mediathek ein Video des Satirikers Jan Böhmermann gelöscht. Darin verulkt Böhmermann in einem satirischen Gedicht den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan.
Eine "Schmähkritik" nennt der Satiriker das Gedicht, das er letzten Donnerstag in seiner Sendung über Erdogan verlas. Darin spottet er unter anderem: Erdogan haue Christen, trete Kurden und sehe sich Kinderpornos an.
Botschafter einbestellt
Hintergrund der seltsamen Behauptungen: Im deutschen Regionalsender NDR hatte sich das Magazin "extra 3" bereits Mitte März einen satirischen Beitrag über Erdogan erlaubt. Der türkische Präsident war erbost - so sehr, dass der deutsche Botschafter in Ankara einbestellt wurde. In der internationalen Diplomatie ein Zeichen ernsthafter politischer Verstimmung.
Wohl deshalb löschte das ZDF nun Böhmermanns aktuelles Video aus der Mediathek und verlautbarte via Twitter, die Parodie "zum Umgang des türkischen Präsidenten mit Satire entspricht nicht den Ansprüchen, die das ZDF an die Qualität von Satiresendungen stellt." Daher sei die Passage aus der Sendung entfernt worden.
Die Twitteria warf daraufhin dem ZDF vor, vor Erdogan in die Knie zu gehen. ZDF-Programmdirektor Norbert Himmler verteidigte die Entfernung des Video. "Wir sind bekannt dafür, dass wir bei unseren Satire-Formaten breite Schultern haben und den Protagonisten große Freiräume geben", sagte er dem Politmagazin "Spiegel". Es gebe aber "Grenzen der Ironie und der Satire. In diesem Fall wurden sie klar überschritten." Deswegen habe man "in Absprache mit Jan Böhmermann beschlossen, die Passage aus der Sendung herauszunehmen." Böhmermann habe der Löschung zugestimmt, so Himmler.
"Lupenreiner Demokrat"
Allerdings: Auf seinem Facebook-Account nahm der Satiriker zu der Causa nochmals Stellung: Er habe im Zuge der Löschaktion "gemeinsam mit dem ZDF eindrucksvoll gezeigt, wo die Grenzen der Satire bei uns in Deutschland sind. Endlich!", schrieb er, auch nicht gerade ironiefrei.
Und: "Sollte ich bei der gebührenfinanzierten Erfüllung meines pädagogischen Auftrags die Gefühle eines lupenreinen Demokraten verletzt haben, bitte ich ergebenst um Verzeihung", zitiert der "Spiegel" eine sarkastische Entschuldigung des Künstlers.
Erst Anfang März hat Böhmermann übrigens den renommierten Grimme-Preis gewonnen - für den deutschen TV-Aufreger des letzten Jahres. Da hatte er ein umstrittenes Youtube-Video mit dem nunmehrigen griechischen Ex-Finanzminister Varoufakis gefälscht.