Im Prozess um das angebliche Krebs-Heilmittel "Ukrain" ist am Montag das letzte Urteil gefällt worden. Ein Chemiker wurde wegen schweren gewerbsmäßigen Betruges zu 3,5 Jahren unbedingter Haft verurteilt, weil er abgelaufene Ampullen verkaufte, nachdem er diese umetikettiert hatte. Das Urteil des Schöffengerichts (Vorsitz: Marion Hohenecker) ist nicht rechtskräftig.
Der Angeklagte meldete Nichtigkeit und Berufung an, die Staatsanwaltschaft gab keine Erklärung ab. Bereits im März 2015 waren die Ex-Frau und langjährige Sekretärin des Chemikers der Beitragstäterschaft freigesprochen worden.
Extrakt in Österreich nicht zugelassen
Seit den 1990er-Jahren hatte der Mann über sein Einzelunternehmen mit Sitz in Wien-Wieden das angebliche "Wundermittel Ukrain" verkauft, das seiner Darstellung zufolge jede Art von Krebs heilen soll. Die Frage der Wirksamkeit des Präparats, an der es Zweifel gibt - der flüssige Extrakt aus Wurzeln des Schöllkrauts ist in Österreich nicht zugelassen und darf daher an sich nicht vertrieben werden -, stand dabei aber nicht im Vordergrund. Prozessgegenstand am Wiener Landesgericht war vielmehr der Umstand, dass der Chemiker nach der amtlichen Beschlagnahme seiner Bestände alte, teilweise seit Jahren abgelaufene Ampullen einfach umetikettiert und das Haltbarkeitsdatum auf 2015 bzw. 2016 erstreckt haben soll.
Die Behörden hatten zuerst gar nicht mitbekommen, dass der Beschuldigte sein "Wundermittel" im großen Stil in alle Welt verkaufte. 2011 sei dann mehr oder weniger zufällig ein Paket abgefangen worden, worauf an der Betriebsstätte des Chemikers eine Hausdurchsuchung vorgenommen wurde. Sämtliche vorgefundenen frischen Ampullen wurden dabei aus dem Verkehr gezogen. Der Hersteller von "Ukrain" behalf sich damit, dass er alte Ampullen aus dem Lager holte, in eine Geschirrspülmittel-Lösung gab, somit die Etiketten entfernte und mit einer Etikettiermaschine neue auf die Ampullen drucken ließ, die nun ein deutlich in der Zukunft gelegenes Ablaufdatum aufwiesen.
Mittel als letzte Hoffnung
Als Hersteller sei der Angeklagte berechtigt gewesen, neue Etiketten anzubringen, da ihm als Chemiker klar war, dass das "Ukrain" nach wie vor wirksam war, hielt Verteidiger Adrian Hollaender zum Prozessauftakt fest. "Das sind alkaloide Salze. Und Salze verderben nicht." Zahlreiche Zeugen - darunter Krebspatienten und deren Angehörige - sahen das Mittel als letzte Hoffnung, sagten jedoch vor Gericht aus, dass sie es nicht genommen bzw. verabreicht hätten, wenn sie gewusst hätten, dass es abgelaufen sei.
Die Umetikettierung hat sich laut Zentraler Staatsanwaltschaft zur Verfolgung von Wirtschaftskriminalität und Korruption (WKStA) gelohnt. Binnen zehn Monaten habe der Angeklagte 17.400 Ampullen mit einem gefälschten Ablaufdatum in Verkehr gesetzt, damit seine Kunden getäuscht und mit diesem Betrug einen Erlös von 1,1 Millionen Euro erzielt.