Die Steuern und Abgaben in Österreich seien zu hoch, das System zu kompliziert und zu wenig leistungsorientiert, so lautet der Befund im Regierungsprogramm.
Erklärtes Ziel sei es, "die Steuer- und Abgabenquote in Österreich auf 40 Prozent zu senken". Damit soll auch eine "massive Vereinfachung des Steuersystems einhergehen.
Reform des Einkommensteuergesetzes. Im Mittelpunkt des Programms steht eine nach eigenen Angaben "umfassende Reform des Einkommensteuergesetzes als „EStG 2020“. Das Einkommensteuergesetz soll dabei "von Grund auf neu konzipiert werden". Das derzeit gültige Einkommensteuergesetz ist mittlerweile fast 30 Jahre lang permanent geändert, aber nie strukturell erneuert worden. Über 160 Novellen haben zu zahlreichen Ausnahme- bzw. Sonderbestimmungen und zu seiner jetzigen Komplexität geführt. Ziel der Bundesregierung ist es daher, eine Modernisierung und massive Vereinfachung des Steuerrechts
vorzunehmen, um die Anwenderfreundlichkeit des Steuerrechts zu erhöhen und die Vollziehung zu erleichtern. Die Reform des Einkommensteuergesetzes soll in zwei Schritten erfolgen. Ersten soll es zu strukturellen Maßnahmen kommen, als zweiter Schritt wird die Abschaffung der kalten Progression erfolgen.
Steuerstrukturreform. Konkret sollen die sogenannte „UGB-Bilanz“ und die „Steuerbilanz“ stärker zusammengeführt werden, die neue „Einheitsbilanz“ soll den Verwaltungsaufwand für Unternehmen reduzieren. Ziel sei auch die Vereinfachung und die Modernisierung der (steuerlichen) Gewinnermittlung, um Verwaltungskosten für Unternehmen zu senken und die Vollziehung zu vereinfachen bzw. zu erleichtern.
Steuererklärungen vereinfachen. Für Kleinunternehmer soll die Steuererklärung vereinfacht werden. Vor allem für Einnahmen-Ausgaben-Rechner sollen bürokratische Vereinfachungen durch intuitive Online-Eingabemasken mittels "Steuer-App" ausgebaut werden.
Förderung der privaten Altersvorsorge. Die derzeit vorhandenen
Regelungen zur steuerlichen Förderung der Altersvorsorge werden als "teilweise intransparent und ineffektiv bzw. komplex in ihrer Ausgestaltung" bewertet. Die neue Regierung will daher "die bestehenden Modelle für die steuerliche Förderung von Alters- und Pflegevorsorge prüfen und im neuen Einkommenssteuergesetz „EStG 2020“ einer umfassenden bzw. zukunftsorientierten Lösung zuführen"
Abzugsfähige Privatausgaben. Die steuerlich "abzugsfähigen Sonderausgaben" sollen steuerrechtlich mit den "außergewöhnlichen Belastungen" zusammengfeührt werden. Der neue Begriff dafür: „Abzugsfähige Privatausgaben“. Auch dadurch soll eine Vereinfachung erzielt werden.
Vereinfachung bei Krankheit und Pflege. "Derzeit sind die Regelungen zur Absetzbarkeit von außergewöhnlichen Belastungen (vor allem bei Krankheit und Behinderung) sehr komplex", heißt es im Regierungsprogramm. Die Berechnung des Selbstbehaltes sei beispielsweise für den Steuerpflichtigen schwer nachvollziehbar. Der Selbstbehalt ist progressiv vom Einkommen und degressiv von persönlichen Umständen (Alleinverdiener, Kinder) abhängig. "Ziel ist die Neuregelung des Selbstbehaltes und die Vereinfachung der steuerlichen Absetzbarkeit."
Kalte Progression. Auch das Dauer-Thema "Abschaffung der kalten Progression" hat es wieder in ein Regierungsprogramm geschafft. Die automatische Anpassung der Grenzbeträge für die Progressionsstufen
auf Basis der Inflation des Vorjahres im Rahmen einer Steuerstrukturreform soll geprüft werden.
Körperschaftssteuer. Auch bei der Besteuerung von Unternehmen wird eine Senkung in Aussicht gestellt, wenn auch noch wenig konkret. "Bis auf Italien haben alle unsere Nachbarländer mittlerweile niedrigere Steuersätze als Österreich", formulieren die Koalitionsparteien. Weil Österreich im internationalen Wettbewerb nicht an Attraktivität verlieren dürfe, sollen auch hier Maßnahmen gesetzt werden. Ein Ausmaß dieser Senkung ist im Regierungsprogramm noch nicht enthalten, nur so viel: "Daher soll die Körperschaftsteuer auf ein Niveau gesenkt werden, das unsere heimischen KMU nachhaltig entlastet und einen Anreiz setzt, in Österreich zu investieren." Ziel sei die Senkung der Körperschaftssteuer (KöSt) – insbesondere auf nicht entnommene Gewinne sowie im Hinblick auf die Mindest-KöSt – im Rahmen der Steuerstrukturreform
Umsatzsteuer - Tourismus wird entlastet. Wie bereits mehrfach angekündigt soll der Tourismus durch die Senkung des Umsatzsteuersatzes für Übernachtungen von 13 auf 10 Prozent entlastet werden, "um die Wettbewerbsfähigkeit Österreichs als Tourismusstandort zu stärken", wie formuliert wird.
Senkung der Lohnnebenkosten. Die in Österreich im internationalen Vergleich sehr hohen Lohnnebenkosten sollen "unter dem Blickwinkel von Kostenwahrheit und Transparenz durchforstet und nachhaltig gesenkt werden". Eine Zweckentfremdung (wie z.B. beim Familenlastenausgleichsfonds FLAF derzeit) soll in Zukunft
nicht mehr möglich sein. Ziel sei eine deutliche Senkung der Lohnnebenkosten (z.B. Reduktion des Dienstgeber-
Beitrags bzw. der Unfallversicherung).
Erleichterungen für Betriebsübergaben. Auch Unternehmensübergaben in der Familie sollen erleichtert werden, der Freibetrag soll hinsichtlich der Grunderwerbsteuer erhöht werden.
Umsatzsteuer bei Internet-Bestellungen. Die Umsatzsteuer soll ab dem ersten Euro – auch aus dem EU-Ausland - fällig werden. Bisher unterliegen Bestellungen aus Nicht-EU-Ländern unter 22 Euro nicht der Umsatzsteuer. Bei (Internet-)Bestellungen aus dem EU-Ausland soll ab dem ersten Euro Umsatzsteuer anfallen, "damit die inländischen Unternehmer nicht benachteiligt werden", so die Zielsetzung. Ein Richtlinienvorschlag werde bereits auf europäischer Ebene in Ratsarbeitsgruppen diskutiert, Ziel sei es, "diese Richtlinie unter der österreichischen Ratspräsidentschaft im Jahr 2018 zu finalisieren".
Evaluierung von Sektsteuer, Prüfung des NoVA-Systems
Evaluiert sollen die Auswirkungen und Verwaltungskosten aller Bagatellsteuern (z.B.: Schaumweinsteuer) werden. Ziel sei eine "signifikante Reduktion".
Geprüft soll auch ein aufkommensneutraler Systemwechsel bei der Normverbrauchsabgabe (NoVA) werden. Der geplante Fokus könnte auf den Verbrauch anstelle der Motorleistung gelegt werden. Vorgesehen ist übrigens die Streichung der NoVABefreiung für hochpreisige Kraftfahrzeuge mit Hybridantrieb.
Digitale Betriebsstätte soll auf OECD- oder europäischer Ebene eingeführt werden bzw. in bestehenden und neuen Doppelbesteuerungsabkommen Berücksichtigung finden. Durch eine Änderung der internationalen Regelungen soll eine Definition für die „Digitale Betriebsstätte“ gefunden werden. Dadurch soll ein Staat das Besteuerungsrecht an den Gewinnen digitaler Geschäftsmodelle schon alleine durch signifikante digitale Präsenz erhalten, ohne dass eine physische Präsenz erforderlich wäre. Dadurch könnte eine faire Besteuerung sichergestellt werden
Insgesamt soll es zu einem Mehr an (Steuer-)Transparenz für multinationale Unternehmen auf Basis der EU-Vorgaben kommen.