Eine Woche vor der Tiroler Landtagswahl sind am Sonntag sieben der acht Spitzenkandidaten in der ORF-Pressestunde aufeinandergetroffen. Die Diskussion zu den Themen Wohnen, Transit, Wirtschaft und ländlicher Raum gestaltete sich über weite Strecken unaufgeregt und sachlich. Lediglich beim Thema Transit - dem Dauerbrenner der vergangenen Wahlkampfwochen - erhitzten sich die Gemüter kurzzeitig.
Der Diskussion fern blieb die Spitzenkandidatin der Liste Fritz, Andrea Haselwanter-Schneider. Sie hatte ihre Teilnahme abgesagt, nachdem die als Moderatorin vorgesehene Journalistin wegen eines umstrittenen TV-Beitrags des ORF Tirol über den FPÖ-Spitzenkandidaten Markus Abwerzger abgezogen worden war. Haselwanter-Schneider verstand ihr Fernbleiben als politisches Signal für die Unabhängigkeit des ORF.
Während die Vertreter der Oppositionsparteien am Sonntag in der Debatte aufzeigten, was ihrer Meinung nach im Land falsch läuft, wurden die beiden Regierungspartner, Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) und seine Stellvertreterin Ingrid Felipe (Grüne), nicht müde zu betonen, was in der vergangenen Legislaturperiode alles erreicht wurde. Einer der häufigsten Vorwürfe an die Adresse des Regierungs-Duos lautet, dass in den vergangenen Jahren lediglich "verwaltet" und nicht "gestaltet" worden sei.
Obwohl sich alle Vertreter der wahlwerbenden Parteien nur wenig angriffslustig zeigten, gingen die Wogen beim Thema Transit zwischenzeitlich hoch. Vor allem zwischen Felipe und FPÖ-Frontmann Abwerzger hagelte es Vorwürfe. Zudem attackierte NEOS-Spitzenkandidat Dominik Oberhofer den nicht anwesenden Listenzweiten der Grünen, Klubobmann Gebi Mair, wegen dessen seiner Meinung nach untergriffigen Wahlkampfstils, was ihm auch eine Ermahnung von ORF-Moderator Robert Unterweger einbrachte.
Platter gab sich hingegen "staatstragend" und mahnte in seiner Wortspende zum Thema Transit ein, mit dem Streiten aufzuhören: "Wir brauchen Geschlossenheit unter den Parteien". Einmal mehr gab er eine "100-prozentige Garantie" ab, für eine Lkw-Obergrenze zu kämpfen und die Bayern "in die Knie zu zwingen".
Beim Thema Transit gaben sich aber auch die anderen Parteien kämpferisch. "Wir brauchen ein wirkliches Sektorales Fahrverbot", forderte etwa Abwerzger. Auch SPÖ-Spitzenkandidatin Elisabeth Blanik mahnte ein, "das Schlupfloch beim Sektoralen Fahrverbot zu schließen" und eine Korridormaut sowie eine Obergrenze einzuführen. Felipe freute sich indes, dass die "Grünen-Konzepte" mittlerweile Einzug in die Konzepte aller Parteien gefunden hätten. Andrea Krumschnabel (Family-Partei) forderte ebenfalls eine Korridormaut und Impuls-Frontmann Josef Schett erinnerte an die Notwendigkeit des Ausbaus der Zulaufstrecken zum Brennerbasistunnel (BBT). Einzig NEOS-Spitzenkandidat Oberhofer legte die Sache etwas anders an und meinte: "Bei einem anhaltendem Wirtschaftswachstum wird der Warenverkehr nicht abnehmen."
Beim Thema Wohnen hingegen hagelte es Kritik seitens der SPÖ-Spitzenkandidatin an Landeshauptmann Platter. "Es wundert mich, dass der Landeshauptmann von Vorsprung redet. Wir haben die höchsten Wohnpreise und die niedrigsten Einkommen. In einer derartigen Situation 'Weiter' zu plakatieren, halte ich für gefährlich", so Blanik. Platter entgegnete dem, dass oft der soziale mit dem freien Wohnungsmarkt verwechselt werde und erinnerte daran, was in den vergangenen Jahren bereits geschehen sei, wie etwa das "5-Euro-Wohnen". Oberhofer und Schett sahen die Lösung der Probleme unter anderem darin, dass der Wohnbauförderungsbeitrag in Zukunft zweckgewidmet werden müsse. Und Krumschnabel und Abwerzger wollten die Bauvorschriften entrümpeln, da diese die Baupreise unnötig in die Höhe trieben.
"Absolute Priorität" für Breitbandausbau
Beim Thema Wirtschaft und der Entwicklung des ländlichen Raumes sprachen Blanik, Krumschnabel und Schett die Digitalisierung an. Ein flächendeckender Ausbau des Breitbandes habe absolute Priorität, meinte etwa Blanik. Oberhofer erklärte, dass es für den ländlichen Raum zum Tourismus keine Alternative gebe und dass die größte Herausforderung für die Wirtschaft in der Kinderbetreuung liege. "Wie sollen die Eltern arbeiten gehen, wenn die Kinderbetreuungseinrichtungen geschlossen sind", fragte der NEOS-Spitzenkandidat. Während Platter und Felipe erneut betonten, was die Regierung in der vergangenen Legislaturperiode bereits erreicht habe, z.B. einen Rückgang bei der Arbeitslosigkeit, prangerte Abwerzger den "Feel-Good-Trip" der Regierung an. Es gebe einen enormen Fachkräftemangel und die Situation der Kinderbetreuung sei "ein Wahnsinn", mahnte der Tiroler FPÖ-Chef ein. Platter hingegen gab als Ziel für die kommenden fünf Jahre die Vollbeschäftigung aus.
Die NEOS und Impuls sahen als ihr Wahlziel den Einzug in den Landtag, Krumschnabel indes "keine Grenze nach oben". Die FPÖ wolle "ein gerechteres Tirol", da dies in vielen Bereich, z.B. im Sozialbereich, nicht mehr der Fall sei. Abwerzgers Ziel am 25. Februar sei ein "deutlicher Zugewinn", und er wolle zweitstärkste Kraft werden. "Dieses Duell nehme ich an", erwiderte Blanik darauf, denn auch sie wolle zweitstärkste Kraft werden und "starke Zugewinne" verzeichnen. Felipe erklärte, dass die grüne Regierungsbeteiligung Tirol gut getan habe und erinnerte an Erreichtes, wie die Öffi-Tarifreform und die Verhinderung der Erschließung der Kalkkögel. Sie hoffe auf ein zweistelliges Ergebnis der Grünen. Platter betonte, dass Tirol einen "deutlichen Vorsprung" habe, dieser müsse aber weiter ausgearbeitet werden. Dafür wolle er mindestens 40 Prozent der Wählerstimmen und 16 Mandate im Landtag halten.
Aktuelle Umfrage: ÖVP bei 39 bis 41 Prozent
Indes zeichnete eine Umfrage in der Tiroler Kronen-Zeitung (Sonntagsausgabe) folgendes Bild: Die ÖVP lag demzufolge bei 39 bis 41 Prozent (2013: 39,4 Prozent), die SPÖ mit Zugewinnen bei 15 bis 17 Prozent (2013: 13,7), die Grünen stabil mit elf bis 13 Prozent (2013: 12,6) und die FPÖ mit starken Zugewinnen bei 16 bis 18 Prozent (2013: 9,3 Prozent). Die Liste Fritz und NEOS schaffen laut der Umfrage den Einzug. Die Liste Fritz mit fünf bis sechs Prozent (2013: 5,6 Prozent) und die NEOS erreichen laut Umfrage bei ihrem ersten Antreten in Tirol sechs bis sieben Prozent. Alle anderen Parteien sah die Umfrage bei zwei bis drei Prozent, wonach Family und Impuls den Einzug in den Landtag nicht schaffen. Die Umfrage wurden von der IFAP zwischen 6. und 10. Februar mit 600 Personen gemacht. Die Schwankungsbreite liege bei 4,5 Prozent.