Knallefffekt im Team Stronach und in der ÖVP: Kathrin Nachbaur, jahrelange Vertraute von Frank Stronach und erste Klubobfrau der vor zwei Jahren gegründeten Bewegung, wechselt nach Informationen der Kleinen Zeitung zur ÖVP. Auch Rouven Ertlschweiger, in der Anfangsphase Stronachs Pressesprecher, tritt dem Parlamentsklub der Volkspartei bei. ÖVP-Klubobmann Reinhold Lopatka gab den spektakulären Wechsel der beiden Team Stronach-Abgeordneten heute bei einer Pressekonferenz der Öffentlichkeit bekannt. "Für mich ist das eine Heimkehr", sagte Ertlschweiger vor der Presse. Nachbaur berichtete von einer Aussprache mit Frank Stronach heute vor der Bekanntgabe ihres Übertritts.

Innerhalb von zwei Monaten haben damit gleich vier Stronach-Abgeordneten die Seiten gewechselt, den Anfang machten Marcus Franz und Georg Vetter. Der heute vollzogene Wechsel hat aber noch ganz andere  dramatische Auswirkungen: Er verändert die Machtbalance innerhalb der Koalition. Ab heute hat die ÖVP mit 51 Sitzen nur noch einen Abgeordneten weniger als die SPÖ mit 52. Lopatka lud zur Pressekonferenz mit dem Titel "ÖVP - stärkster Klub im Parlament" ein, denn, so sein Argument, unter Berücksichtigung der Bundesratsmandatare und der Europaabgeordneten zähle die ÖVP nun mehr als die SPÖ. 

Schwarzblau bereits im Herbst?

Mit dem gestrigen Wechsel erhalten Gerüchte neue Nahrung, dass die ÖVP an Schwarzblau bastelt. ÖVP (51) und FPÖ (nach dem Austritt der beiden Salzburger Abgeordneter nur noch mit 38 Mandaten) kommen nun auf 89 Abgeordnete. Mit 92 Abgeordneten wäre ein Wechsel möglich. Können die Freiheitlichen die beiden Abgeordneten zurückholen, würde nur noch ein Mandatar für einen fliegenden Wechsel von Rotschwarz zu Schwarzblau fehlen. Zwei weitere Abgeordnete aus dem Team Stronach tragen sich nach Informationen der Kleinen Zeitung mit dem Gedanken, bei der ÖVP anzudocken. 

Im Team Stronach (TS) gab man Durchhalte-Parolen aus: Der Austritt und Wechsel von Nachbaur und Ertlschweiger zur ÖVP sei "erkennbar" gewesen, stellte TS-Klubchefin Waltraud Dietrich in einer Aussendung fest. Das Team Stronach werde trotzdem "gemäß den Werten" von Parteigründer Frank Stronach weiterarbeiten. Die Oppositionsparteien reagierten unterschiedlich auf den Fraktionswechsel. Während sich die FPÖ unbeeindruckt davon zeigte, warnten die Grünen vor einer "schwarz-blauen Erpressungsmehrheit". Das "offensive Abwerben" von Abgeordneten könne nur als "politische Leichenfledderei" bezeichnet werden, meinte Grünen-Chefin Eva Glawischnig. Die NEOS forderten eine Neuwahl. "Wenn die ÖVP mit ihrem Wahlergebnis nicht zufrieden ist, soll sie neu wählen lassen, nicht Mandatare kaufen", stellte Obmann Matthias Strolz fest.

Geldfrage

Das Team Stronach verliert mit weiteren zwei Abgeordneten im Nationalrat auch viel Geld - nämlich insgesamt 332.102 Euro jährliche Klubförderung, für heuer gilt der Verlust aliquot. Der ÖVP wiederum beschert der Wechsel von Kathrin Nachbaur und Rouven Ertlschweiger in die schwarzen Reihen ein Plus von 96.236 Euro.

MICHAEL JUNGWIRTH