In den Brexit-Verhandlungen ist ein "kritischer Moment" erreicht: So formulierte es ein EU-Beamter gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters. Die Lage ist offenbar so angespannt, dass EU-Ratspräsident Donald Tusk sein Treffen mit dem israelischen Premier Netanjahu absagte, um in Brüssel bei den Brexit-Gesprächen zu bleiben. Knackpunkt ist offenbar die Nordirland-Frage.

Am Montag traf die britische Premierministerin Theresa May in Brüssel mit Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker zusammen. May muss klarstellen, zu welchen Zugeständnissen Großbritannien bei wichtigen Fragen des für 2019 geplanten EU-Austritts bereit ist. Wertet die EU-Kommission dies dann am Mittwoch offiziell als ausreichend, könnten die Staats- und Regierungschefs in der Woche darauf die Ausweitung der Brexit-Verhandlungen einläuten.

Laut Medienberichten gibt es bei einem großen Streitthema eine Einigung: Demnach verständigten sich die Unterhändler im Grundsatz auf eine Brexit-Rechnung in Höhe von 45 bis 55 Milliarden Euro.

May und Juncker gingen nicht näher auf die noch ungeklärten Fragen ein. Der irische Premierminister Leo Varadkar zeigte sich allerdings am Abend "überrascht und enttäuscht", dass die britische Regierung "offenbar nicht in der Position ist, das zu beschließen, was zuvor vereinbart worden ist".

Medienberichten zufolge war Großbritannien bereit, den Forderungen Irlands entgegenzukommen und die Zoll- und Handelsregelungen in Nordirland im Einklang mit den in der irischen Republik geltenden EU-Regeln zu belassen.

Nach scharfem Protest der nordirischen Democratic Unionist Party, die Mays konservative Minderheitsregierung in London stützt, mussten die Beratungen jedoch unterbrochen werden. In Telefonaten versuchte May, die DUP von einem Kompromiss zu überzeugen. Deren Parteichefin Arlene Foster erklärte, ihre Partei werde für Nordirland keine wirtschaftlichen oder politischen Regelungen akzeptieren, die von denen im übrigen Großbritannien abwichen.

Die Nordirland-Frage gilt somit weiter als Knackpunkt der Verhandlungen. Durch den Brexit könnte die britische Provinz Nordirland durch eine EU-Außengrenze vom Süden der Insel getrennt werden. Irland will dies vermeiden.