"Viktor Orbán ist der einzige Premier in Europa, der von der Flüchtlingskrise profitiert", erklärte Ungarn-Experte Paul Lendvai, der Donnerstagabend zu Gast im Styria-Center in Graz war. Lendvai war langjähriger Leiter der Osteuropa-Redaktion des ORF und ist heute Leiter der Diskussionssendung "Europastudio".
Zum ersten Mal seit seinem fulminanten Sieg mit Zweidrittelmehrheit vor sechs Jahren habe Ungarns Premier Viktor Orbán mit dem wegen zu geringer Wahlbeteiligung gescheiterten Referendum zur EU-Flüchtlingsverteilung eine politische Niederlage erlitten, erläuterte Lendvai. Trotzdem wäre es unklug, die politischen Folgen dieser Schlappe zu dramatisieren.
Blitzschnell und wortgewaltig, scheinbar angefeuert von dem überwältigenden Anteil der Neinstimmen (98 Prozent) habe Orban das Fiasko zu einem „gewaltigen politischen Erfolg“ hochstilisiert und die Ergänzung der Verfassung durch eine Sperrklausel gegen künftige EU-Beschlüsse in der Flüchtlingsfrage angekündigt.
Buchtipp: Seit Montag im Handel: Paul Lendvai, Orbáns Ungarn, Wien 2016, Kremayr & Scheriau, 240 Seiten, 24 Euro.