Alle Unterzeichner waren sich einig, dass mit dem Finanzausgleich ein bedeutender Wurf gelungen sei: Finanzminister Hans Jörg Schelling lobte das Ergebnis ebenso wie Gemeindebund-Präsident Helmut Mödlhammer (beide ÖVP), der gar von einem "Wunder" sprach. Auch die Chefverhandler von SPÖ und ÖVP, sowie der Vorsitzende der Landesfinanzreferenten, Michael Schickhofer, würdigten das Ergebnis.
"Das Wunder ist vollbracht" - auch Mödlhammer, der sich vor der letzten Verhandlungsrunde zum Finanzausgleich noch skeptisch gezeigt hatte, lobte den Kompromiss letztendlich. Es seien schwierige Verhandlungen gewesen, das Ergebnis sei ein Zeichen dafür, dass die Partnerschaft zwischen Bund, Länder und Gemeinden letztlich funktioniere.
Zuvor hatte sich auch Schelling höchst zufrieden gezeigt. "Die Verhandlungen waren geprägt von einem gemeinsamen Willen, dem Einstieg in den Umstieg", meinte er. Besonders hob er hervor, dass es ein Ausgaben- und Aufgaben-Monitoring geben werde. Zudem werde ein Benchmark-System etabliert, aus dem ersichtlich werde, wer Verwaltungstätigkeiten besonders effektiv leiste. Positiv wertete der Finanzminister ferner, dass bei der Transparenzdatenbank Energie- und Umweltkosten sofort eingespeist werden.
Schickhofer, der die Landesfinanzreferenten vertrat, freute sich über einen "großen Schritt vorwärts". Als Erfolg wertete er insbesondere den Einstieg der Länder in ein verstärktes Benchmark-System. Der Finanzausgleich sei "reformorientiert" und "fair".
Kritik von Experten
Während die Verhandler den neuen Finanzausgleich teils überschwänglich lobten, sehen Experten den Kompromiss verhaltener. Margit Schratzenstaller vom Wirtschaftsforschungsinstitut hätte sich stärkere Schritte bei Steuerautonomie und Aufgabenorientierung gewünscht. Karoline Mitterer vom KDZ (Zentrum für Verwaltungsforschung) sieht den Pakt "von einem großen Wurf ganz weit entfernt".
Schratzenstaller kritisiert in einer ersten Einschätzung des Ergebnisses, dass bei den Bereichen Steuerautonomie, Aufgabenorientierung sowie beim Abbau der Transferverflechtungen "nur sehr wenig passiert". Die Chance auf eine grundsätzliche Reform des Finanzausgleichs sei verpasst worden. Positiv sieht sie die Ankündigung, bis Ende 2018 einen neuen Anlauf zu einer Bundesstaatsreform zu unternehmen. "Das ist ein sehr zentraler Reformbereich. Freilich braucht es daneben noch tiefgreifendere Schritte in weiteren zentralen Reformbereichen", so Schratzenstaller gegenüber der APA.
Gesamtsystem bleibt gleich
Für KDZ-Finanzausgleichsexpertin Mitterer enthält der neue Vertrag zwischen Bund, Ländern und Gemeinden vor allem technische Änderungen. "Es ist an vielen kleinen Schräubchen gedreht worden", so Mitterer gegenüber der APA: "Es wurden einige Maßnahmen gesetzt, aber keine, die am Gesamtsystem etwas geändert hätten."
Aus Mitterers Sicht müsste ein Finanzausgleich neben der Basisfinanzierung auch eine echte Aufgabenorientierung und einen wirksamen Ressourcenausgleich zwischen finanzstarken und schwachen Regionen enthalten. Mit letzteren Punkten habe man sich aber nicht wirklich beschäftigt. Denn die Aufgabenorientierung bei der Kinderbetreuung betreffe letztlich nur die Verteilung der Mittel auf die Länder, nicht aber auf die einzelnen Gemeinden. Und der Ressourcenausgleich zwischen reichen und finanzschwachen Gemeinden werde künftig überhaupt gänzlich den Ländern überlassen, kritisiert Mitterer.
Positiv sieht Mitterer die angekündigte Arbeitsgruppe zur Grundsteuerreform sowie die Bemühungen, durch Benchmarks und Vergleiche zwischen den Ländern "mehr Transparenz ins System zu bringen".
Opposition unzufrieden
Der paktierte Finanzausgleich lässt die Oppositionsparteien unzufrieden zurück. Die FPÖ sieht auch nach der Einigung weiterhin eine Reformblockade der Regierung, die Grünen sehen einen Minimalkompromiss. Die NEOS zeigten sich in einer Aussendung "verärgert", das Team Stronach forderte eine Aufgabenreform.
"Der Finanzausgleich zeigt deutlich, dass diese Regierung nicht fähig und nicht bereit zu echten grundlegenden Reformen ist", meinte der freiheitliche Budgetsprecher Roman Haider. Es werde "einfach wieder weitergewurstelt - zum Nachteil der heimischen Bürger". Besonders bedauerlich ist laut FPÖ, dass es nicht einmal einen ersten Schritt zur Zusammenführung von Einnahmen- und Ausgabenkompetenz gebe.
Auch die Grünen zeigten sich unzufrieden. Vor einem Jahr habe Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP) große Reformansagen gemacht, übriggeblieben sei davon wenig bis nichts, meinte deren Budgetsprecher Bruno Rossmann und weiter: "Das heute präsentierte Verhandlungsergebnis ist ein Minimalkompromiss. Von einer Reform, die diesen Namen verdient, kann keine Rede sein."
"Verärgert" reagierte NEOS-Klubobmann Matthias Strolz: "Der Finanzminister hatte von einer stärkeren Aufgabenorientierung bis hin zur Steuerautonomie der Länder durchaus ehrgeizige Pläne." Übrig geblieben sei davon nur ein "unbedeutender Bruchteil - das System bleibt intransparent, undurchschaubar und ineffizient". Strolz: "Hans Jörg Schelling ist erneut vor den Fürsten der Finsternis in die Knie gegangen."
"Mit dem Finanzausgleich gelingt Schelling kein großer Wurf", konstatierte Team Stronach-Klubobmann Robert Lugar. "Wieder wird Geld ausgeschüttet, ohne dass die Länder zuerst darlegen müssen, wofür sie das Geld verwenden wollen", meinte er und forderte eine Aufgabenreform statt kleiner Kompromisse. "Hier wird mit Steuergeld herumgetrickst", so Lugar, der stattdessen eine Aufgabenreform forderte.