Eine deutliche Strafminderung hat am Freitag das Wiener Oberlandesgericht (OLG) einem mittlerweile 79 Jahre alten Chemiker zugebilligt, der mit dem vorgeblichen Krebs-Heilmittel "Ukrain" wahre Wunderdinge versprochen hatte. Über den Mann wurden im Justizpalast wegen schweren gewerbsmäßigen Betrugs drei Jahre Haft, davon ein Jahr unbedingt verhängt. Die Entscheidung ist rechtskräftig.
Abgelaufene Ampullen verkauft
Nachdem der Oberste Gerichtshof (OGH) bereits den Schuldspruch bestätigt hatte, ging es in der Verhandlung nur mehr um die Strafe. Das Wiener Landesgericht für Strafsachen hatte im Mai 2016 eine unbedingte Haftstrafe von dreieinhalb Jahren festgesetzt. In dem Verfahren war die Wirksamkeit des angeblichen Wundermittels nicht im Vordergrund gestanden. Als Betrüger schuldig gesprochen wurde der Chemiker deshalb, weil er Kunden getäuscht bzw. zu täuschen versucht hatte, indem er ihnen abgelaufene Ampullen verkaufte, die zuvor umetikettiert worden waren. Darüber hinaus hatte er nach einer behördlich erfolgten Beschlagnahme seines Mittels gegenüber der Finanzprokuratur einen wesentlich höheren als den tatsächlich entstandenen Schaden behauptet, indem er den Wert der Ampullen wissentlich falsch bezifferte.
Dessen ungeachtet ging es dem Chemiker im Justizpalast ausschließlich darum, die Wirksamkeit von "Ukrain" zu unterstreichen. Er hatte zu diesem Zweck einen 95 Jahre alten Mann mitgebracht, der sich auf Krücken in den Verhandlungssaal schleppte und unbedingt als Zeuge vernommen werden wollte. Er habe diesen Patienten mit abgelaufenen Ampullen gegen Knochenkrebs behandelt und geheilt, betonte der 79-Jährige. Bei "Ukrain" handle es sich "um ein wertvollstes Präparat. Es ist wirksam. Es läuft nicht ab." Er verstehe einfach nicht, "welche Schuld ich habe. Ich habe den Leuten Leben gerettet", meinte der Chemiker.
Bisherige Unbescholtenheit, langes Verfahren
"Vom Schuldspruch ist auszugehen, auch wenn Sie es nicht wahrhaben wollen", stellte schließlich der Vorsitzende des OLG-Senats, Dietmar Krenn, klar. Die deutliche Herabsetzung der Strafe begründete Krenn mit der langen Verfahrensdauer. Die Ermittlungen waren im Jänner 2012 angelaufen. Zudem wurde die bisherige Unbescholtenheit des fast 80-Jährigen als weiterer wesentlicher Milderungsgrund gewichtet.
Der Mann hatte seit den 1990er-Jahren über sein Einzelunternehmen mit Sitz in Wien-Wieden "Ukrain" verkauft. Seiner Darstellung zufolge soll damit jede Art von Krebs heilbar sein. Der flüssige Extrakt aus Wurzeln des Schöllkrauts ist in Österreich nicht zugelassen und darf daher an sich nicht vertrieben werden.