Wenn im Zuge des Klimawandels Wetterextreme auch in Europa häufiger werden, wird sich das im Gesundheitssystem niederschlagen, erklärten Klimaforscher. Durch die drohende Zunahme sei auch in Österreich zukünftig mit mehr Hitzetoten zu rechnen.
Entgleisungen des Wetters habe es natürlich immer gegeben. Eine internationale Studie gehe aber davon aus, dass Ende des 20. Jahrhunderts bisher nur alle 20 Jahre erreichte Maximaltemperaturen deutlich häufiger werden, erklärte Willi Haas vom Institut für Soziale Ökologie der Universität Klagenfurt. Wenn also zukünftig mehr ältere und vielleicht auch weniger gesunde Menschen unter tendenziell mehr Hundstagen leiden, werde das auch die Anzahl der durch Hitze verursachten Todesfälle in Österreich in den kommenden Jahrzehnten ansteigen lassen, so der Wissenschaftler.
Hitzewelle wirkt wie Grippewelle
Zieht eine Hitzewelle durch Wien, sei der Anstieg an Todesfällen - die Forscher sprechen von Übersterblichkeit - mit der Zunahme während einer Grippewelle vergleichbar, so der Umweltmediziner Hanns Moshammer vom Zentrum für Public Health der Medizinischen Universität Wien. Im Gegensatz zur Kälte, deren Effekte sich im Sterberegister um mehrere Tage verzögert zeigen, wirke sich große Hitze quasi sofort aus. Man könne sogar statistisch belegen, dass es in Stadtteilen mit besonders hohen Temperaturen, auch mehr Todesfälle gibt. "Wir finden sogar Hitzeinseln", so Moshammer.
Wie stark die zukünftigen direkten Effekte der Temperaturerhöhung tatsächlich sein werden, lasse sich nur schwer prognostizieren. Denn gleichzeitig passe sich die Bevölkerung auch an die Veränderung an. So gebe es etwa Hinweise, dass sich die Wiener langsam an die enger getakteten Hitzewellen gewöhnen. Schwerer täten sich jedoch Leute, die in Regionen leben, in denen Hitzewellen bisher quasi unbekannt waren, wie etwa im Inntal, sagte Moshammer.
Das Haus nicht verlassen
Die Möglichkeiten zur Anpassung hätten allerdings ihre Grenzen. Es stelle sich die Frage, in welchem Zeitraum sich die Bevölkerung darauf einstellen kann, "wenn Wien klimatisch zu Rom wird". In manchen Regionen wie etwa im persischen Golf würden vermutlich bald die physiologischen Grenzen erreicht. Dort sehe man, dass viele Menschen im Sommer kaum mehr das Haus verlassen. Es gebe mittlerweile Fälle von Mangel an Vitamin D, das im Körper nur mit Hilfe von Sonnenlicht gebildet werden kann. Das sei in der Region völlig neu, so Moshammer.
Tropische Krankheiten begünstigen
Neben den drohenden Auswirkungen steigender Temperaturen könne der Klimawandel auch die Ausbreitung von etwa durch Gelsen übertragenen Erkrankungen begünstigen, die sich nun auch in nördlicheren Gefilden wohler fühlen. Den Risiken stünden allerdings auch viele Chancen auf Verbesserungen im Gesundheitsbereich gegenüber: So würde sich etwa ein im Zuge der Folgen des Klimawandels vermutlich notwendiges Zurückfahren des Fleischkonsums bekanntlich positiv auswirken.
Klar sei, wenn Österreich nichts unternimmt, um sich auf die Veränderungen einzustellen, wird das auch volkswirtschaftlich teuer, sagte Karl Steininger von der Universität Graz. Im Rahmen eines Forschungsprojekts hat der Klimaökonom mit Kollegen errechnet, dass die jährlichen Zusatzkosten durch den Klimawandel um das Jahr 2050 satte fünf Milliarden Euro betragen könnten. Am teuersten kämen dabei Hochwasser- und Gesundheitsschäden.