Martin Luther (1483–1546) stellt 1517 die Welt auf den Kopf. Mit seinen 95 Thesen gegen den Ablasshandel, die der Mönch selbst vor dem Kaiser nicht widerruft, wird er zum Wegbereiter der Reformation. 500 Jahre später zeigt am Montag Uwe Jansons fast dreistündiges Historienepos „Zwischen Himmel und Hölle“ Maximilian Brückner in der Rolle Luthers (ORF 2, 20.15 Uhr). Im Interview spricht der 38-jährige Bayer, der 2016 die Hauptrolle im ORF-Thriller „Pregau“ spielte, über Religion, den Glauben sowie die Fiktion im Film.
Herr Brückner, Martin Luther ist eine legendäre historische Figur. Haben Sie besonders lange darüber nachgedacht, ihn zu spielen, oder sich ganz schnell entschieden?
MAXIMILIAN BRÜCKNER: Das sind zwei Phasen. Die erste ist, man wird zum Casting für Luther eingeladen und sagt sich sofort: „Da geh ich hin, die Rolle krieg ich – (scherzhaft) als bayerischer Katholik – eh nicht.“ Dann hast plötzlich die Rolle und denkst: Was jetzt? Bis hierher war ja alles ein Spaß, aber plötzlich hast du riesigen Respekt.
Wie dies?
Auf einmal ist alles verbindlich und ich muss eine Figur zum Leben erwecken, über die es schon viele einschlägige Filme gibt. Die Latte ist schon sehr hoch gelegen.
Sie selbst sind Katholik. Wie sehr praktizieren Sie Ihren Glauben?
Ich gehe an den hohen kirchlichen Feiertagen in die Kirche und mag kirchliche Räume sehr gerne. Das kann aber eine katholische Kirche ebenso sein wie eine evangelische oder auch eine Moschee. Wo sonst hat man heutzutage noch so eine Ruhe, der die Menschen auch mit Respekt begegnen und wo ausnahmsweise einmal kein Handy läutet? Ebenso gerne mag ich Friedhöfe – das sind zwei der letzten Rückzugsorte. Ob ich jetzt buddhistisch, katholisch oder evangelisch bin, ist für mich nicht wichtig. Mir geht es um die Gemeinschaft, die ich grundsätzlich schön finde – solange sie niemanden ausgrenzt. Und mir geht es um Nächstenliebe, und die findet man in jeder Religion.
Aber bei Ihrem Kind, das heuer zur Welt gekommen ist, mussten Sie sich die Konfession betreffend entscheiden. Wie fiel die Entscheidung aus?
Tut mir leid, aber über mein Kind spreche ich nicht.
Wie historisch exakt ist die Verfilmung? Der gezeigte Thesenanschlag etwa ist ja umstritten.
Wir waren historisch sehr frei. So haben sich Thomas Müntzer und Martin Luther nicht in dieser Form getroffen, wie wir es darstellen. Uns ist eher darum gegangen zu zeigen, dass damals mehrere beteiligt waren. Die Geschichte ist sehr auf Luther reduziert, weil Geschichte immer von den Siegern geschrieben wird. So war etwa Philipp Melanchthon dabei, der die Bibel mitübersetzt hat, genauso wie Lucas Cranach als Verleger. Müntzer war auch eine große Figur, die aber aus den Geschichtsbüchern getilgt wurde. Luther hat penibel darauf geachtet, dass von Müntzer so wenig wie möglich übrig bleibt – von ihm gibt es nicht einmal mehr eine Zeichnung oder ein Bildnis.
Worum ist es Regisseur Uwe Janson und dem Team in der Verfilmung gegangen?
Uns ist es darum gegangen zu zeigen, dass das eine Bewegung war und die Reformation nicht von Luther alleine durchgezogen worden ist. Wir zeigen, dass drei unterschiedliche Figuren etwas anstoßen und auch die Zeit für die Kirchenreformation reif war. Dank des Buchdrucks waren ihre Gedanken auch nicht mehr aufzuhalten. 100 Jahre früher hätte man Luther wohl wie Jan Hus verbrannt. Historisch ist das freilich nicht 1:1 so belegbar, aber unser Trio steht auch für drei Schicksale: Andreas Bodenstein geht dabei drauf, Müntzer wird zum Terroristen und Luther wird zum Politiker.
Hat das heurige Reformationsgedenkjahr aus Ihrer Sicht eine Annäherung zwischen den christlichen Kirchen gebracht?
Steter Tropfen höhlt den Stein – ich denke schon.
Die Menschen und der Glaube – wie steht man heute zueinander? Stimmt der Satz „Die Menschen haben vergessen, dass sie Gott vergessen haben“?
Manchmal hab ich das Gefühl, es geht eher in eine viel zu ideologische Richtung. In manchen Ländern bestimmt der Glaube das Leben und nicht die Gemeinschaft. Wir hingegen scheinen den Glauben gegen den Kapitalismus eingetauscht zu haben, und nun merken wir, dass uns das auf lange Sicht aushöhlt.
Noch ehe „Pregau“ im Herbst 2016 im ORF ausgestrahlt wurde, haben Sie gesagt, Sie hätten eine Idee für eine Fortsetzung. Nach dem apokalyptischen Ende des letzten Teils: Wie sieht Ihre Idee aus?
Ohne Erklärung geht unter den Trümmern eine Klappe auf und der Hauptdarsteller erscheint einfach. Wie die „Blues Brothers“, nachdem das Haus eingestürzt ist. Es gibt aber keine solchen Überlegungen.
Christoph Steiner