Polizist Hannes (Maximilian Brückner) mag zwar gebürtiger Bayer sein, aber nach einigen Jahren in Österreich nimmt er es mit der deutschen Gründlichkeit nicht mehr ganz so genau: Bei einer Verkehrskontrolle geht ihm seine betrunkene minderjährige Nichte Rosa (Zoë Straub) zuerst ins Netz, kurz darauf vor ihm in die Knie. Hannes sieht nach der Gefälligkeit von einer Anzeige ab und lässt Rosa zurück in den Sportwagen steigen. Wenige Minuten später klebt das Auto an einem Berghang und Blut an Hannes' Händen – Rosa ist tot.
Willkommen in Pregau, einer (fiktiven) Kleinstadt in der Obersteiermark. Dorthin verlegte der ORF seinen gleichnamigen vierteiligen Krimi, der zusammen mit der ARD entstand. Folge eins läuft am Montagabend um 20.15 Uhr in ORF eins, das Finale folgt schon acht Tage später.
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„Pregau“ (Regie und Drehbuch: Nils Willbrandt) ist jedoch mehr als ein Krimi von der Stange. Nichts wird angerissen, jeder Handlungsstrang wird präzise auserzählt. Und neben Rosas Todesfall geht es auch um Korruption, Menschenhandel, die Schattenseiten der beiden emotional abgestumpften Dorfclans und etwas unalltägliche Familienverhältnisse. Das klingt zwar nach ziemlich viel Kriminalität für eine Kleinstadt, aber auch in Kitzbühel und Tölz wird nicht ständig gestorben und dem Publikum gefällt es dennoch.
Bei „Pregau“ heißt es allerdings, die erste Folge am Montagabend als verhältnismäßig sanften Prolog zu verstehen, ehe Teil zwei tags darauf nervenaufreibend zu fesseln beginnt. Wer hingegen kein Blut sehen kann bzw. möchte, soll die Produktion der Mona Film besser meiden. Großartig ist die Besetzung von „Pregau“: Neben Brückner und Straub spielen Ursula Strauss, Robert Palfrader, Patricia Aulitzky, Wolfgang Böck, Karl Fischer, Thomas Schubert und Thomas Stipsits (als Pfarrer) mit. In einer Nebenrolle begeistert Armin Rohde als abgewrackter Kleinkrimineller (ausführlichere Kritik hier).
Um auch das jüngere Publikum für „Pregau“ begeistern zu können, bietet der ORF eine App an, mit der sich der Krimi zusätzlich auch am Handy erleben lässt (Details siehe unten). Was sich der Sender davon erwartet? „Wir versuchen Dinge, von denen wir gar nicht wissen, wie sie ausgehen“, gibt Fernsehdirektorin Kathrin Zechner ehrlich zu. Aber was zählt, ist der Versuch.
Christoph Steiner