Morgens, zehn Uhr in Österreich: Täglich weckt das Satireportal „Tagespresse“ um diese Zeit seine User – mit Schlagzeilen wie „Nach Ibiza-Urlaub: Flughafenpolizei hält Strache irrtümlich für illegalen Einwanderer.“ Oder: „Staatsbesuch: Faymann will Beziehungen zu Legoland stärken.“
Tausendfach geteilt
Satire-Artikel wie diese werden seit mehr als zwei Jahren tausendfach in den sozialen Medien geteilt. Mehr als 218.000 Menschen gefällt die Seite auf Facebook. „70 Prozent aller Klicks werden über Facebook lukriert“, sagt der Gründer Fritz Jergitsch (24). Die Zugriffe auf manche Artikel im Netz machen Verantwortliche klassischer Nachrichtenportale neidisch. Im Juli zählte die „Tagespresse“ laut Österreichischer Webanalyse mehr als 1,3 Millionen Besucher.
Satire im Netz boomt – auch unter den Jungen. „Gute Satire kritisiert pointiert“, betont Jergitsch. „Ich sehe unsere Verantwortung als Satiriker darin, zu kritisieren und Aufmerksamkeit für bestimmte Themen zu erregen.“ Der Vorsatz: „Wir schreiben nicht gegen die da unten, sondern stets gegen die da oben.“ Die Hauptmotivation, ein österreichisches Satireportal nach dem Vorbild von „Der Postillon“ zu gründen, benennt Jergitsch mit einem Wort: „Frust“ – über die politische Situation.
Ausgezeichnet
Soeben wurden er und seine zwei Mitarbeiter Jürgen Marschal (auch Gagschreiber für „Willkommen Österreich“) und Sebastian Huber mit dem Österreichischen Kabarettpreis (Sonderpreis) ausgezeichnet. In der Jurybegründung heißt es, User könnten sich „nie sicher sein, was komischer ist: Realität oder Satire.“ Die Reaktion auf der Facebook-Seite folgte prompt: „Wir, die Redaktion, sind empört über diesen Schmähpreis für unser seriöses Medium.“
Und während anfangs noch viele Menschen auf die Satire hereingefallen sind, kommt das nur noch selten vor. Jergitsch kann mittlerweile vom Portal leben. Auch dank Werbung. Bezahlte und gekennzeichnete Artikel kommen wie die Satire-Storys daher. Bald gibt es die Tagespresse auch als App. Dann werden User per Push-Nachricht informiert, morgens um zehn Uhr.