Zu dem Bootsunfall am Wörthersee, bei dem ein 44-jähriger Niederösterreicher starb, gibt es einen Aktenvermerk des Landeskriminalamts (LKA) Kärnten über eine "Ministerweisung", berichtet das Nachrichtenmagazin "profil" in einer Vorabmeldung. Der damals alkoholisierte Bootslenker sei ein Bekannter von Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP). Die Landespolizeidirektion spricht von einem "Missverständnis".
"profil" veröffentlicht in der Montag erscheinenden Ausgabe einen Eintrag aus der "Dienstdokumentation" des LKA Kärnten. Demnach informierte ein diensthabender Oberst der Landespolizeidirektion Kärnten das LKA am 2. Juni um 22.30 Uhr telefonisch, "dass über Ministerweisung und mittelbar über Weisung der LPD-Direktorin der Vorfall bezüglich des seit den Nachmittagsstunden am Wörthersee vermissten (...) direkt vom LKA zu übernehmen sei". Weiters sollte "jegliche Pressearbeit" an die LPD-Pressestelle übertragen und seitens der lokal zuständigen Polizeiinspektion Reifnitz "keine weitere Berichterstattung" mehr erfolgen.
Weisung kam von Landespolizeidirektion
Das Innenministerium wollte sich dazu, schreibt "profil" in einer Aussendung vom Samstag, nicht äußern und verwies auf das Büro von Kärntens Landespolizeidirektorin Michaela Kohlweiß. Sie hat am Samstag Berichte, wonach es in der Causa Bootsunfall am Wörthersee vom 2. Juni eine Weisung von Sobotka gegeben hätte, als unwahr zurückgewiesen. "Es ist weder vom Minister noch aus seinem Büro eine Weisung erteilt worden", sagte Kohlweiß. Die Weisung, dass das LKA die Ermittlungen übernehmen soll, sei von ihr gekommen, sagt Kohlweiß. Ebenso, dass die gesamte Öffentlichkeitsarbeit in dieser Causa von der LPD-Pressestelle abgewickelt werde. "Das ist in Fällen, die etwa ein außergewöhnliches Medieninteresse hervorrufen könnten, absolut üblich", sagt Kohlweiß. "Und so wie ich von meinen Mitarbeitern informiert werde, informiere auch ich meine Vorgesetzten."
LPD-Sprecher Rainer Dionisio reagierte schriftlich. In einer Stellungnahme schrieb er, es handle sich um ein "Missverständnis in der Kommunikation zwischen dem damals diensthabenden Offizier vom Dienst und dem im Landeskriminalamt Dauerdienst versehenden Beamten". Sobotka hatte schon im Juni, angesprochen auf angebliche Interventionen, gegenüber der "Kleinen Zeitung" erklärt: "Seitens des Ministeriums greifen wir ohnehin nie in ein Verfahren ein."
Bei dem Bootsunfall Anfang Juni war ein 44 Jahre alter Unternehmer aus Niederösterreich ums Leben gekommen. Laut einem vor zwei Wochen von der Staatsanwaltschaft vorgelegten Gutachten ist er in die Schiffsschraube des Motorbootes geraten, von dem er gefallen war. Gelenkt hatte das Boot ein gleichaltriger Niederösterreicher aus dem Waldviertel. Er wird von der Staatsanwaltschaft - die wegen des Verdachts der grob fahrlässigen Tötung ermittelt - als Beschuldigter (neben dem 32-jährigen Bootsführer) geführt, er war zum Unfallzeitpunkt alkoholisiert, die Untersuchung ergab knapp 1,2 Promille. Nach dem Obduktionsergebnis ist mit einem Strafverfahren zu rechnen, dem Niederösterreicher drohen im Fall einer Verurteilung bis zu drei Jahre Haft.
FPÖ-Kickl: "Sobotka ist als Innenminister unhaltbar"
Am Samstag meldete sich FPÖ-Generalsekretär Nationalratsabgeordneter Herbert Kickl in der Causa zu Wort. Laut ihm sei Sobotka als Innenminister unhaltbar. "Wenn dieser Aktenvermerk des Landeskriminalamts Kärnten stimmt und man vergleicht dann Sobotkas gegenüber der "Kleinen Zeitung" getätigten Aussage, dass 'seitens des Innenministeriums nie in ein Verfahren eingegriffen werde', dann ist es schon klar ersichtlich, dass der Innenminister in dieser Causa der Öffentlichkeit über seine Vorgangsweise die Unwahrheit gesagt hat", so Kickl in einer Aussendung.
Auch die NEOS meldeten sich am Samstag zu Wort und forderten Aufklärung sowie Sobotkas Rücktritt, sollte dieser tatsächlich eine Weisung in der Ermittlung zum Bootsunfall am Wörthersee erteilt haben. Das Innenministerium dürfe sich "jetzt nicht abputzen" und nur an die Landespolizeidirektion Kärnten verweisen, so NEOS-Klubobmann Nikolaus Scherak.
Auch die Grünen forderten am Samstag die Aufklärung der Sache und werden eine parlamentarische Anfrage einbringen. Die SPÖ äußerte sich kritisch, aber ohne Rücktrittsforderung. Deren Bundesgeschäftsführer Georg Niedermühlbichler stellte - im Untertitel einer Aussendung - die Frage in den Raum, ob hier "als Freundschaftsdienst mutmaßlich fahrlässige Tötung vertuscht?" werde. Er verwies darauf, dass es die ÖVP zum "Skandal" erkläre, wenn der ORF-"Sommergespräche"-Moderator Tarek Leitner 2015 mit der Familie des damaligen ÖBB-Chefs und jetzigen Kanzlers Christian Kern und anderen gemeinsam auf Urlaub war - und fragte: "Aber was ist es, wenn ein ehemaliger ORF-Manager und sein Freund, der Innenminister, Ermittlungen behindern wollen?"