Mit dem Zukauf der UNIQA-Anteile an den Casinos Austria hält Novomatic bereits 39,5 Prozent am teilstaatlichen Glücksspielkonzern. Weitere Anteile - jene 11,35 Prozent der Vienna Insurance Group (VIG) sowie 9,44 Prozent der ehemaligen Kirchenbank Schelhammer & Schattera - könnten diese Woche an Novomatic wandern. Das alles vorerst auf dem Papier. Der Deal ist wettbewerbsrechtlich heikel.

Nicht nur müssen die aneinander gebundenen Casinos-Syndikatspartner den Einstieg des Erzrivalen absegnen - sie haben gegenseitige Vorkaufsrechte -, sondern auch gesellschafts- und kartellrechtliche Genehmigungen braucht es noch.

"Das wird eine knappe Geschichte, zumal es nicht viele Wettbewerber gibt", sagte Kartellrechtsexperte Martin Stempkowski am Dienstag zur APA. Eine sogenannte Horizontalfusion zweier Wettbewerber sei aus zweierlei Gründen kritisch: Bekommen die beiden Firmen wechselseitige Einflussrechte, könnte das den wettbewerbsrechtlichen Willen des Partners beeinträchtigen. Außerdem könnten die Partner ihr Verhalten abstimmen, was wiederum dem Wettbewerb schaden könnte, gibt der Anwalt zu bedenken.

25 Prozent

Noch hat Novomatic seinen Einstieg bei den Casinos nicht bei der Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) angemeldet, wie es bei der BWB auf APA-Anfrage hieß. Ab einer 25-prozentigen Übernahme muss der Zusammenschluss jedenfalls gemeldet werden, erklärte Kartellrechtsexperte Martin Eckel der APA. Kommen die beiden Unternehmen gemeinsam auf einen Marktanteil von mehr als 30 Prozent, werde eine marktbeherrschende Stellung vermutet, so der Anwalt: "Da muss man schauen, ob der Wettbewerb stark genug ist, dass das genehmigt werden kann."

Die Gretchenfrage wird sein, von welchem Markt die Wettbewerbshüter ausgehen. "Es gibt den sachlich relevanten und den geografisch relevanten Markt", so Eckel.

Automatenmarkt

Novomatic betreibt in Österreich, im Gegensatz zu den Casinos Austria, keine Vollcasinos, die Vergabe der beiden Spielbanklizenzen für den Wiener Prater und Bruck an der Leitha hat kürzlich das Bundesverwaltungsgericht (BVG) gekippt. Ob das Finanzministerium neu ausschreibt, ist noch unklar. Man wolle sich "alle Optionen offenhalten", so eine Ministeriumssprecherin am Dienstag zur APA.

Auf dem Automatenmarkt hingegen sind beide Konzerne aktiv - die gesetzliche Grundlage ist aber eine andere. Novomatic betreibt in einigen Bundesländern Automatensalons, Basis dafür sind von den Ländern vergebene Lizenzen. Die Casinos wiederum zocken in ihren WINWIN-Automatenhallen, die zur Tochter Lotterien gehören. Berechtigung dafür ist die Lotteriekonzession, die dem Casinos-Konzern auch den Betrieb der Internetseite win2day sowie das Lottospiel ermöglicht. Klassische einarmige Banditen - auch solche von Novomatic - stehen freilich auch in den Vollcasinos. Auch Sportwetten, die in Österreich nicht als Glücksspiel deklariert sind, bieten beide Unternehmen an: Novomatic besitzt die größte Sportwettenkette Admiral, zum Casinos-Konzern gehört tipp3.

Die Wettbewerbshüter müssen sich nun ansehen, ob die verschiedenen Spielangebote für die Kunden unterscheidbar sind. "Überlegt sich jemand, der spielen will, ob er ins Casino, in eine Automatenhalle oder ins Internet geht?", so Stempkowski von der Kanzlei Haslinger Nagele. "Es geht um die Austauschbarkeit aus Sicht der Konsumenten." Sollten die Wettbewerbshüter zur Erkenntnis kommen, dass die Vollcasinos ein anderes Zielpublikum ansprechen als Automatenhallen, würde es sich dabei um zwei eigene Märkte handeln.

Vertiefte Prüfung

Selbst dann müsste sich die Behörde aber ansehen, ob es die Marktposition dem Unternehmen ermöglicht, in wettbewerbsschädlicher Weise auf ähnlichen Märkten zu agieren, gibt der Kartellrechtsexperte zu bedenken. Die Frage sei, ob der Novomatic-Konzern am Glücksspielmarkt insgesamt so stark sei, dass er den gesamten Markt beeinträchtigen könnte.

Stempkowski vermutet, dass es bei Novomatic/Casinos zu einer vertieften Prüfung kommen wird. Dann wäre das Kartellgericht für den Fall zuständig. Dieses hätte fünf Monate Zeit, den Zusammenschluss unter die Lupe zu nehmen, so Eckel von der Kanzlei Taylor Wessing.

Sache für die EU-Kommission?

Gut möglich ist auch, dass sich die EU-Kommission der Causa annimmt. Eine der Voraussetzungen dafür ist eine Umsatzschwelle von 5 Milliarden. Euro - diese wäre erreicht: Die Novomatic AG setzte zuletzt knapp 2 Milliarden Euro um, der Casinos-Konzern mehr als 3,6 Milliarden Euro. Stempkowski kann sich allerdings vorstellen, dass die heimische BWB beantragt, dass ihr die Kommission den Fall überweist. Wenn der Fall im Wesentlichen in einem Land spielt, kann die nationale Behörde das tun. Novomatic/Casinos "würde fast danach riechen", so der Jurist.

Novomatic hielt sich heute zum weiteren Vorgehen bedeckt. Konzernsprecher Hannes Reichmann bestätigte lediglich, den knapp 11,4-prozentigen UNIQA-Anteil an den Casinos gekauft zu haben. Bei der VIG sowie Schelhammer & Schattera, die ihre Anteile ebenfalls abgeben wollen, war kein Kommentar zu erhalten. Im Finanzministerium - der Staat hält ja ein Drittel an den Casinos - hieß es ebenfalls nur, man halte sich alle Optionen offen. Am Montagabend hatte Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP) gesagt, er "glaube nicht", dass die Republik ihre Anteile abstoßen werde. Martha Oberndorfer, Chefin der Staatsholding ÖBIB, hatte jedoch gestern gegenüber der APA eine Reduktion der Anteile auf 25 Prozent plus eine Aktie ins Gespräch gebracht: "Theoretisch könnte die Republik ihren Anteil auf die Sperrminorität reduzieren", hatte Oberndorfer gemeint.