Windkraft ist in Österreich im Aufwind. Seit Inkrafttreten des Ökostromgesetzes 2012 wurden 365 Windräder mit einer Gesamtleistung von 1.015 Megawatt errichtet, 2014 waren es 144 Anlagen mit einer Leistung von 411 MW. So rasant wird es aber nicht weitergehen. Die Branche leidet unter dem niedrigen Strompreis und kritisiert die Politik: Braunkohle und Atomkraftwerke zu fördern sei der falsche Weg.
"Ich wünsche mir Konkurse in der E-Wirtschaft", sagte Stefan Moidl, Geschäftsführer der IG Windkraft, am Donnerstag bei einer Pressekonferenz. Eingehen sollten natürlich fossile Kraftwerke. Diese seien schuld an den Überkapazitäten in Europa - und nicht Erneuerbare wie der Wind. "Wir brauchen keine 40 Jahre alten Braunkohlekraftwerke in Deutschland", so Moidl.
CO2-Zertifkate stärken alte Kraftwerke
Der europäische Handel mit Verschmutzungsrechten (CO2-Zertifikate) funktioniere nicht und habe in Wirklichkeit die konventionellen Energieerzeuger gestärkt. Der Marktpreis für Strom, der von früher rund 5 auf 3 bis 3,5 Cent pro Kilowattstunde gesunken ist, sei "politisch gesteuert", ist der Windkraftlobbyist überzeugt. Die Politik müsse eingreifen. Auf EU-Ebene brauche es ambitioniertere Klimaziele. Den Erneuerbaren-Anteil bis 2030 auf 27 Prozent steigern zu wollen, wie das der EU-Gipfel im Oktober beschlossen hat, sei zu wenig. "2020 haben wir 20, 21 Prozent. 27 Prozent bis 2030 wäre ein Rückgang des Ausbaus", so Moidl.
Der rasant abgesackte Ölpreis macht der Windkraftbranche indes nicht so zu schaffen. "Öl ist in Europa keine relevante Komponente zur Stromerzeugung", erklärte der IG-Windkraft-Chef. Auch vom Trend, dass die Investitionen in Alternativenergien in Europa, anders als in den USA oder in Asien, seit 2011 zurückgingen, blieben die Windradbetreiber verschont.
In Österreich jedenfalls kann die Branche noch jubeln. In den vergangenen drei Jahren habe sich die Windkraftleistung verdoppelt, 1,7 Mrd. Euro wurden investiert.
Strom für 1,3 Millionen Haushalte
Derzeit stehen in Österreich 1.016 Windräder mit einer Leistung von 2.095 Megawatt. Sie können, wenn sie alle am Netz und ein Jahr in Betrieb sind, 4,5 Terawattstunden Strom produzieren und damit 7,2 Prozent des österreichischen Stromverbrauchs decken. Rechnerisch kann Wind 1,3 Millionen heimische Durchschnittshaushalte versorgen.
Der Anteil der Windkraft an der gesamten österreichischen Energieerzeugung liegt derzeit bei 4,2 Prozent, das Gros entfällt laut Statistik Austria auf Wasserkraft (55,5 Prozent) und Fossile (23 Prozent). 10 Prozent müssen importiert werden, der Biomasse-Anteil beträgt 6,5 Prozent und der kleine Rest entfällt auf Photovoltaik und Geothermie.
Heuer werden wahrscheinlich Windräder mit einer Kapazität von 390 MW dazukommen, nach 411 MW 2014 und 308 MW 2013. Mittelfristig wird der Ausbau aber "drastisch" zurückgehen, befürchtet Moidl. Neben dem niedrigen Marktpreis sei das vor allem den "exorbitant gestiegenen" Ausgleichsenergiekosten zu schulden. Die IG Windkraft hatte schon mehrfach moniert, dass diese sowie die höheren Netzkosten von den heimischen Stromerzeugern getragen werden müssen. Der Regelenergiemarkt müsse umgebaut werden - es könne nicht sein, dass Mehrproduktion in Österreich nicht verkauft werde.
Stromnetz in Balance
Regel- und Ausgleichsenergie dienen dazu, das Stromnetz in Balance zu halten, wenn es etwa zu einem Kraftwerksausfall kommt oder unerwartet viel Sonne scheint oder Wind weht. Der Ausbau von Alternativenergien (Stichwort Energiewende) macht die Stabilisierung der Netze zu einer der größten Herausforderungen für die europäische Energiepolitik.
In Österreich sind Windräder alles andere als regelmäßig verteilt. Die allermeisten Anlagen stehen in Niederösterreich (509 Räder mit einer Leistung von 963 MW) und im Burgenland (404 Anlagen, 962 MW). Im Burgenland wird die Ausbauwelle der vergangenen Jahre bald abebben. "Wir versuchen, unsere Standorte zu optimieren", sagte Wolfgang Trimmel, Geschäftsführer der Energie Burgenland Windkraft. Teils könne die Energieernte verdoppelt werden. In Niederösterreich sind heuer 90 neue Windräder geplant.
Weit abgeschlagen puncto Windkraftleistung kommen die Steiermark, Oberösterreich, Wien und Kärnten. In den westlichen Bundesländern Salzburg, Tirol und Vorarlberg gibt es gar keine Windräder. Das liegt nicht nur an den Bergen, sondern auch an den gesetzlichen Rahmenbedingungen, die in Länderhand sind. Moidl berichtet von großen Schwierigkeiten bei der Bewilligung von konkreten Projekten. In Kärnten sei zwar kürzlich ein Energieversorgungsmasterplan lanciert worden, "in der Umsetzung der Bewilligungsverfahren ist das aber noch nicht spürbar". Selbiges gelte für Oberösterreich, Tirol und Salzburg.
(GRAFIK 0028-15, Format 88 x 110 mm)