Anna Fenninger, die beim Riesentorlauftraining in Sölden so schwer gestürzt ist und sich im rechten Knie das vordere Kreuzband, das rechte Seitenband, den Innen- und Außenmeniskus sowie die Patellasehne gerissen hat, hat die erste Nacht nach der zweistündigen Operation gut überstanden. "Natürlich ist sie aber auch psychisch nach der schweren Verletzung angeschlagen, dennoch konnte sie schon wieder lächeln", sagte Christian Hoser, der Fenninger operierte, Donnerstagfrüh. "Auch die Schwellung schaut den Umständen entsprechend gut aus. Anna kann mit ihren Schmerzen sehr gut umgehen. Der Schmerzmittelverbrauch ist sehr moderat", sagte Hoser. Am Vormittag wurden die Operations-Schläuche entfernt, die 26-Jährige konnte erstmals kurz aufstehen. Auch der richtige Umgang mit den Krücken muss noch gelernt werden.

Am Donnerstagnachmittag beginnt für Fenninger in der Privatklinik Hochrum (Tirol) die Therapie. "Zuerst mit Lymphdrainagen und leichter Bewegung des Knies mittels einer motorisierten Schiene", erläuterte Hoser. "Falls keine Komplikationen auftreten, werden wir die Therapie sukzessive steigern." Anfang kommender Woche soll Fenninger die Privatklinik verlassen können. Halt bekommt die Olympiasiegerin auch von ihrem Lebensgefährten Manuel, er ist stets an Fenningers Seite.

Laut ihrer Pressebetreuerin, Ursula Hoffmann, hat sich Fenninger sehr über die vielen Genesungswünsche in den sozialen Medien, vor allem aus dem Ski-Lager, gefreut. Diese Resonanz sei ein Ansporn auf dem Weg zurück. Die 26-Jährige sei sich bewusst, dass dieser lang und schwierig werde, betonte Hoffmann. Es sei aber schon in ihren ersten Äußerungen nach der Operation ein Kampfgeist zu spüren gewesen. Fenninger habe berichtet, dass sie am Mittwoch vor ihrem Sturz in den RTL-Trainingsläufen sehr stark unterwegs gewesen sei. Das nun unverletzte linke Knie, das der Salzburgerin jedoch zuvor Probleme bereitet habe, habe sie dabei überhaupt nicht gespürt. Sie sei direkt euphorisch gewesen, sagte Hoffmann und fügte hinzu, dass Fenninger durchaus wieder lächeln könne.

Hoffnung auf Comeback

Die Hoffnung auf ein Comeback gibt Hoser ebenfalls: "Es ist eine sehr schwere, aber nicht die schwerste vorstellbare Verletzung beim Skifahren. Das ist eine Verletzung, die schaffbar ist. Es besteht die Hoffnung und realistische Chance, dass sie zum Skifahren zurückkehren kann", betonte der Unfallchirurg und Sporttraumatologe. Als Beispiel nannte er Stephan Görgl, der sich vor neun Jahren exakt dieselbe Verletzung zugezogen und danach ein erfolgreiches Weltcup-Comeback geschafft hatte. "Die besondere Dimension ist einfach der Riss der Patellasehne, weil da eben der Streckapparat unterbrochen ist und dadurch eine sofortige Belastung nicht möglich ist", erläuterte Hoser. 

Die Ski-Saison 2015/16 ist für Anna Fenninger aber jedenfalls vorüber. Die Reha-Maßnahmen fangen bereits am (morgigen) Donnerstag mit einer leichten Mobilisation, etwa einem Aufstehen, an. In weiterer Folge werde Fenninger eine Physiotherapie mit Bewegungsübungen absolvieren. Bei optimalem Heilungsverlauf kann sie frühestens in neun Monaten wieder auf Skiern stehen. 

Christian Hoser operierte Fenninger
Christian Hoser operierte Fenninger © GEPA pictures

Fenninger sei "bis zu einem gewissen Grad geschockt und enttäuscht" gewesen, "aber man hat auch ein gewisses Blitzen in den Augen gesehen", so Hoser, der im Zuge der Operation das vordere Kreuzband "rekonstruierte".

Für ÖSV-Damenchef Jürgen Kriechbaum schien der Sturz zunächst nicht so schlimm zu sein, wie er selbst erklärt: Anna ist bei einem Linksschwung am Schuh ausgerutscht. Bei so einem Sturz war eine so schwere Verletzung nicht zu erwarten." Für den Coach sei die Verletzung der Weltcup-Gesamtsiegerin mehr als bitter: "Es ist ein herber Rückschlag für die ganze Mannschaft, wenn die Nummer eins die ganze Saison ausfällt."

Entsprechend entsetzt über den Ausfall Fenningers zeigen sich auch ihre Mitstreiterinnen, die sich über Twitter zum Ausfall der Salzburgerin äußerten. Auch David Alaba sendete über Sport1 seine Genesungswünsche an Fenninger: