Der Großteil des Steuerreform-Volumens dürfte in die Senkung der "kalten Progression" fließen. Laut der APA vorliegenden Berechnungen der Innsbrucker Gesellschaft für Angewandte Wirtschaftsforschung hat die Inflation die Lohnsteuereinnahmen seit 2009 um 3,58 Mrd. Euro ansteigen lassen. Um diesen Betrag müsste die Lohnsteuer also reduziert werden, bevor hier von einer Entlastung die Rede sein kann.
Die "kalte Progression" bezeichnet jene Erhöhung der Steuerbelastung, die zustande kommt, weil die Löhne zwar jedes Jahr steigen, die für die Lohnsteuer maßgeblichen Einkommensgrenzen aber gleich bleiben. Damit rücken von Jahr zu Jahr immer mehr Arbeitnehmer in höhere Steuerklassen vor - ein Teil ihrer Lohnsteigerungen wird somit vom Finanzamt abgeschöpft. Mit der nun geplanten Senkung der Steuersätze soll diesem Trend wieder gegengesteuert werden.
Elf Prozent
Laut den von Instituts-Geschäftsführer Florian Wakolbinger vorgelegten Berechnungen wird die kalte Progression bei der Lohnsteuer heuer 3,25 Mrd. Euro in die Budgets von Bund, Ländern und Gemeinden spülen. Das entspricht etwa elf Prozent der heuer geplanten Lohnsteuereinnahmen. Im Jahr 2016 - wenn die Steuerreform spätestens in Kraft treten wird - werden es angesichts der aktuellen Inflationsprognosen bereits 3,58 Mrd. Euro sein.
Insgesamt haben die Finanzminister durch die "kalte Progression" seit der letzten Steuerreform 2009 gut 15 Mrd. Euro eingenommen. Wäre das Lohnsteuersystem jährlich an die Inflation angepasst worden, hätte der Staat auf diese Einnahmen verzichten müssen.
Wakolbinger betont außerdem, dass die "kalte Progression" negative Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt habe. Seinen Berechnungen zufolge wäre die Beschäftigung heuer um 7.300 Vollzeitäquivalente höher, wäre das Steuersystem regelmäßig an die Inflation angepasst worden. Zwar gesteht Wakolbinger zu, dass dieser Effekt angesichts des gesamten Arbeitskräfteangebotes von etwa vier Millionen Beschäftigten ein eher geringer sei. Die negativen Anreize seien in der Modellrechnung jedoch evident.