Der Valentinstag ist an den Schulen der USA ein Tag, an dem es besonders nett zugeht, in den Klassenräumen. Viele Schüler bringen für ihre Kollegen kleine Geschenke mit, manche Lehrer organisieren kleine Feiern. In Parkland, im US-Staat Florida, bringt ein 19-Jähriger an diesem 14. Februar eine halbautomatische Waffe mit in die Marjory Stoneman Douglas High School - und jede Menge Munition. Nikolas Cruz erschießt 17 Menschen und verletzt Dutzende weitere. Blut fließt, entsetzliche Szenen spielen sich ab. Polizei, Ärzte und nicht zuletzt Politiker sind fassungslos. Nach einer Zählung des waffenkritischen Verbandes Everytown for Gun Safety gab es allein seit 2013 fast 300 Schießereien an Schulen in den USA. Die Attacke von Cruz in Florida war bereits der 18. Schusswaffen-Angriff in einer Schule in diesem Jahr.
Dem mutigen Footballcoach Aaron Feis ist es zu verdanken, dass es nicht noch mehr Opfer zu beklagen gibt. Mehrere Medien berichten, dass sich der Trainer schützend vor die Schüler warf. Im Netz wird der Mann schon als Held von Florida gefeiert. Er war demnach auch als Sicherheitsmann an der Schule angestellt. Feis bezahlte seinen heldenhaften Einsatz mit dem Leben, er erlag im Krankenhaus seinen schweren Verletzungen. Das Football-Team nahm auf Twitter Abschied von seinem Trainer: "Er ist als Held gestorben und wird für immer in unseren Herzen und Gedanken sein".
Täter stand Rassistenvereinigung nah
Der 19-jährige Nikolas Cruz müsse sich wegen Mordes in 17 Fällen verantworten, erklärte die Staatsanwaltschaft am Donnerstag. Cruz soll der Rassistenvereinigung und Miliz "Republic of Florida" (ROF) nahegestanden haben. Das sagte ein Sprecher der Gruppierung am Donnerstag der Bürgerrechtsorganisation ADL (Anti-Defamation League). Bei der Bluttat waren am Mittwoch 17 Menschen erschossen worden.
Der ROF-Sprecher sagte, Cruz habe an Trainings teilgenommen. Er habe mit "anderen Mitgliedern" gemeinsame Autofahrten organisiert. Ob Cruz ROF-Mitglied war oder assoziiert, sagte der Sprecher nicht. Die ROF-Milizen bezeichnen sich als "bewaffnete Kräfte der Übergangsregierung der Republik von Florida" und als weiße Bürgerrechtsbewegung. Sie kämpfen für einen rein weißen Staat ohne andere Ethnien, der kein Teil der USA ist. Auf der Homepage der ROF wird die Frage "Seid Ihr gewalttätig?" beantwortet mit "Kurze Antwort: Ja".
Trump plant Besuch
US-Präsident Donald Trump plant einen Besuch des Tatorts. "Ich spreche heute zu einer Nation in Trauer", sagte Trump am Donnerstag im Weißen Haus. Die Ansprache war eigens anberaumt worden. "Was immer wir tun können, um Euren Schmerz zu lindern, wir sind hier", sagte Trump an die Adresse der Hinterbliebenen. "Euer Schmerz ist unsere Last." Er fügte hinzu: "Kein Kind und kein Lehrer sollte jemals in einer amerikanischen Schule in Gefahr sein." Niemals sollten Eltern um ihre Kindern fürchten müssen, wenn sie ihnen morgens einen Abschiedskuss gäben.
"Wir werden alles tun, Euch zu schützen", sagte Trump. Ohne ins Detail zu gehen sagte der Präsident, man wolle sich des Themas psychischer Erkrankungen annehmen. Der Täter von Parkland war Medienberichten zufolge in psychischer Behandlung gewesen, hatte diese aber zuletzt angeblich nicht fortgesetzt.
Trump hatte allerdings vor einem Jahr eigenhändig ein Gesetz unterzeichnet, das psychisch Kranken den Erwerb von Waffen wieder erlaubte. Er nahm damit eine Regulierung seines Vorgängers Barack Obama zurück.
Trump sagte, er werde noch im Februar Gouverneure und Generalstaatsanwälte der Bundesstaaten treffen. "Das Thema Sicherheit in Schulen wird die oberste Priorität haben", sagte Trump.
Täter wohl psychisch gestört
US-Präsident Donald Trump hat eine psychische Störung des Täters als Grund für das Schulmassaker von Parkland (Bundesstaat Florida) nahegelegt. Es gebe dafür sehr viele Anzeichen, twitterte Trump am Donnerstag, der Schütze sei früher sogar wegen schlechten Benehmens von der Schule geflogen. Nachbarn und Mitschüler hätten gewusst, dass der junge Mann "ein großes Problem" sei.
Trump rief dazu auf, solche "Fälle" immer und immer wieder den Behörden zu melden. Am Mittwoch hatte ein 19-Jähriger in seiner Ex-Schule 17 Menschen getötet und 15 verletzt. Zur neuerlich aufbrandenden Diskussion über schärfere Waffengesetze in den USA äußerte Trump sich nicht. Der junge Mann war mit einem halbautomatischen Gewehr bewaffnet, das Täter in den USA oft bei Massakern verwenden.
"Zahlreiche Magazine"
129 Lehrer unterrichten an der Schule mehr als 3.000 Schülerinnen und Schüler, von der 9. bis zur 12. Jahrgangsstufe. Der Schütze war keiner mehr von ihnen - er war schon zuvor wegen Disziplinlosigkeiten von der Schule geflogen, wie Sheriff Scott Israel berichtete. Er soll auch öfter von seinen Mitschülern gehänselt worden sein. Er habe "zahlreiche Magazine, viele Magazine" bei sich gehabt, "und derzeit glauben wir, dass er ein AR-15 Gewehr bei sich hatte", sagte Israel weiter. Die Sicherheitsbehörden hätten bereits damit begonnen, seine Websites und Meldungen in sozialen Netzwerken zu durchkämmen, darunter gebe es einige "sehr, sehr beunruhigende" Beiträge.
Der Tatort bot nach Angaben des Sheriffs ein "Bild des Grauens". Unter den Opfern seien Schüler und Erwachsene. Angaben des Senders CBS News, wonach der Schütze den Brandalarm auslöste, bevor er das Feuer eröffnete, konnte der Sheriff nicht bestätigten. "Dies ist ein schrecklicher Tag für Parkland", sagte der Sheriff der 30.000-Einwohnerstadt rund 80 Kilometer nördlich von Miami.
Ob dieser Ausschluss ein Motiv für die Tat war, müssen erst die Vernehmungen ergeben. Ein Lehrer sagte am Mittwoch, der Mann habe schon vor seinem Rauswurf nicht mehr mit einem Rucksack auf den Campus kommen dürfen.
Verzweifelte Berichte
Viele Schüler lieferten verzweifelte Berichte ab, schilderten wie sie an Leichen und Blutlachen vorbei die Schule verlassen mussten, wie sie sich in Abstellräumen und Spinden oder unter Schulbänken verbarrikadierten. Einige schrieben ihren Eltern via Handy stumme Schreie nach Trost: "Was soll ich tun, wo soll ich hin?"
In den ersten chaotischen Stunden nach Bekanntwerden der Schreckenstat mussten vor allem die Eltern um ihre Sprösslinge bangen. Senator Bill Nelson war der erste, der öffentlich von "mehreren Toten" sprach - noch ehe sich die Behörden organisieren konnten. "Es ist chaotisch", stöhnte Sheriff Israel, dessen Kinder einst dieselbe Schule besucht hatten.
Gasmaske und Rauchbomben
Laut Nelsons Darstellung soll der Schütze - den Beschreibungen von Schülern zufolge ein Einzelgänger mit Faible für Schusswaffen und Messer - einen Feueralarm ausgelöst haben. Unter einer Gasmaske geschützt habe er Rauchbomben gezündet und dann das Feuer auf die fliehenden Schüler und Lehrer eröffnet.
Nach Krankenhausangaben wurden am Mittwochabend noch 14 Menschen stationär behandelt, drei von ihnen seien im kritischen Zustand. Der Schütze, zunächst ebenfalls im Spital, wurde anschließend festgenommen und abgeführt. Er habe keinen Widerstand geleistet. In sozialen Netzwerken machten Bilder die Runde, auf denen ein Mann zu sehen ist, der von Polizisten in Handschellen abgeführt wird.
Viel Munition
Der Täter habe große Mengen Munition bei sich gehabt. Nach Medienberichten benutzte er eine halbautomatische Waffe des Typs AR-15 - oder einen Nachbau dieses Modells. Diese Waffe wurde auch bei anderen Aufsehen erregenden Bluttaten benutzt, etwa im vergangenen Jahr in Las Vegas, als bei einem Massaker 59 Menschen starben.
Die Schüsse von Florida haben in den USA auch hartgesottene Profis mitgenommen. Philipp Mudd, Terrorexperte des Fernsehsenders CNN, brach vor laufenden Kameras in Tränen aus. "Können wir in diesem Land nicht endlich anerkennen, dass wir das nicht akzeptieren können?" Anschließend brach er das Gespräch ab.
"Epidemie von Massentötungen"
Der demokratische Senator Chris Murphy aus Connecticut ging mit der politischen Klasse hart ins Gericht. "Das passiert nirgendwo sonst, außer in den Vereinigten Staaten", sagte er. Murphy sprach von einer "Epidemie von Massentötungen". "Das passiert nicht durch Zufall, nicht durch Unglück, sondern als Konsequenz aus unserer Untätigkeit", betonte er.
>> Chronologie von blutigen US-Schießereien
Die US-Demokraten fordern seit langer Zeit schärfere Waffengesetze, um die Vielzahl der schweren Straftaten mit Toten und Verletzen einzudämmen. Allein im laufenden Jahr ereigneten sich in den USA nach Murphys Darstellung bereits 19 Vorkommnisse mit Schusswaffen an Schulen. Die konservativen Republikaner und die Waffenlobby wollen jedoch keinesfalls Einschnitte beim Recht auf Selbstverteidigung auch mit Schusswaffen in Kauf nehmen.
US-Präsident Donald Trump, ebenfalls ein Befürworter des freien Zugangs zu Schusswaffen, ließ sich nach Angaben des Weißen Hauses über die Lage in Florida unterrichten. "Unsere Gedanken und Gebete sind bei den Betroffenen", hieß es in einer Stellungnahme. Das Weiße Haus sagte wegen der Entwicklung in Florida die täglich stattfindende Pressekonferenz mit Regierungssprecherin Sarah Sanders ab.