Wenn eine Luxusmarke wie Bentley ein Sport Utility Vehicle baut, dann wird geklotzt und nicht gekleckert. Wir reden also von 5,14 Metern Länge, 2,4 Tonnen Gewicht, Zwölfzylinder-Biturbo, 608 PS, 900 Newtonmeter Drehmoment, 301 km/h Spitze und einem Preis von mindestens 270.240 Euro.
Spätestens jetzt sollte man – berechtigterweise – die Diskussion über Sinn oder Unsinn vom Zaun brechen. Und ja, natürlich: Der Bentayga ist nicht das Auto, auf das die Welt gewartet hat. Andererseits: Die Nachfrage danach gibt es. Ganz offensichtlich.
Die erste Jahresproduktion ist jedenfalls einmal ausverkauft. 5000 betuchte Menschen – vorzugsweise aus Kalifornien, den Emiraten und China – haben einen Bentayga geordert, ohne ihn zuvor gefahren zu sein. Auch zehn Österreicher stehen auf der Kundenliste, darunter ein Steirer mit einem ziemlich klingenden Namen. Wer heute bei einem Bentley-Händler anklopft, wird auf 2017 vertröstet.
So viel zur Begehrlichkeit und zum Geschäft, das den Absatz der Volkswagen-Edeltochter – 2015: 10.000 Stück – zügig verdoppeln wird. Reicht Bentley doch im nächsten Jahr einen V8 TDI nach (der erste Diesel in der Historie von Bentley übrigens), dem 2018 ein V6-Benzin-Hybrid folgt.
Zurück zum Zwölfzylinder und zu dem, was das erste Bentley-SUV um Hausecken besser kann als jeder andere seiner Art zuvor. Benannt nach einem markanten Fels auf den Kanarischen Inseln, setzt das mondäne Dickschiff eine neue Benchmark für Luxus im boomenden Segment – zumindest so lange, bis die Konkurrenz von Rolls-Royce seinen Offroader vom Stapel lässt (2018).
Die Faszination der britischen Riesenfuhre liegt im Talent, beide wesentlichen Disziplinen perfekt zu beherrschen. Diesen Spagat – einerseits mit der Performance eines Supersportwagens elegant über den Asphalt zu rauschen, andererseits ambitioniert über gewachsenen Fels und Sanddünen zu turnen – zu schaffen, ist allerhöchste Entwicklungskunst.
Herzstück des exklusiven Bröckerls ist der neu entwickelte, seidenweich laufende Zwölfzylinder-Doppelturbo, der sich mit dem Schwergewicht förmlich spielt. Und zwar unaufgeregt und geschmeidig, sagenhafte 900 Newtonmeter Drehmoment verleihen dem Allradler einen Punch und eine Leichtfüßigkeit, die so manchem Fliegengewicht-Roadster zur Ehre reichen würde.
Dass der fahrende Wandschrank trotz des hohen Aufbaus auch in schnellen Kurven und bei Lastwechseln wie ein Brett auf der Straße liegt, verdankt er einer von 48 Volt E-Power aktivierten Wankstabilisierung – eine Premiere in einem Serienauto. Über einen zentralen Drehschalter an der Mittelkonsole stehen acht Straßen- und Geländeprogramme zur Wahl. Ein Untersetzungsgetriebe gibt es nicht. Sich mit dem Mercedes G am Schöckl zu messen, ist nicht beabsichtigt.
In der Sechs-Sterne-Kabine des Bentayga herrschen Opulenz und Luxus, das Platzangebot ist herrschaftlich. Alle Passagiere rekeln sich in feinsten Einzel-Ledersitzen, massiert wird auf Knopfdruck, die Musikbeschallung erfolgt aus 18 Lautsprechern.
Zuletzt, was gönnt sich der Super-SUV an der Bar? 12,8 Liter, sagt der realitätsferne Normverbrauch. Wir tippen eher auf 20 Liter. Wetten, dass das einen Bentley-Eigner nicht kratzen wird?