Gewöhnlich sagt man ja: Wer suchet, der findet. Im Fall von Lisa und Matthias Rettl müsste es allerdings eher heißen: Wer suchet, der wird gefunden. Denn wenn man die beiden fragt, wie sie denn zu ihrem Haus in Rosegg gekommen sind, müssen sie nicht lange nachdenken: „Es hat uns gefunden.“ Rund 17 Jahre haben die Historikerin und der IT-Spezialist – beide stammen aus Kärnten – in Wien gelebt, und es stand eine Lebensentscheidung an. „Ich habe mich als Historikerin lange mit den Wunden, die der Nationalsozialismus in die Menschen geschlagen hat, auseinandergesetzt“, erzählt Rettl. „Irgendwie hatte ich das Gefühl, es wäre für mich Zeit, mit diesem Thema abzuschließen und neue Wege zu gehen.“ Und da sie sich immer schon für Ökologie und die Heilkraft von Pflanzen interessiert hat, sollte auch der neue Lebensweg in diese Richtung führen. „Ich wollte schon als Kind eine besondere Bäuerin werden“, sagt sie.

Also haben sich die beiden auf die Suche nach einem Bauernhaus mit großem Garten gemacht. Gesucht wurde über „Willhaben“ und egal, welche Postleitzahl und welche Regionen die beiden bei der Suche eingegeben haben, immer tauchte dieses Haus in Rosegg auf. „Also haben wir uns entschlossen, es uns einmal anzusehen“, erinnert sich Lisa. Die Besichtigung erfolgte an einem Freitag und noch am gleichen Tag stand für die beiden fest: Das nehmen wir. „Es war für uns von Anfang an ein Wohlfühlhaus.“ Der Wohnsitz in Wien wurde also aufgegeben und die Koffer bereits gepackt, während Lisa noch an den letzten Seiten für ein Buchprojekt über die Veterinärmedizinische Universität im Nationalsozialmus schrieb. „Es war irgendwie eine verrückte Situation.“

Das Bauernhaus stammt aus dem 15./16. Jahrhundert, ein erweiterter „Neubau“ kam 1791 dazu. Das mag jetzt romantisch klingen, bedeutet aber auch vor allem eines: viel, viel Arbeit. „Zum Glück hatten wir beide sofort eine Vision davon, wie es einmal aussehen könnte, wenn wir es erst einmal in unserem Sinn umgebaut haben werden. Unser Vorgänger konnte leider nichts wegwerfen und hat leidenschaftlich gesammelt“, formuliert es Lisa vorsichtig. Auch der rund 900 Quadratmeter große Garten war ein Hühnerareal gewesen und glich eher einer Gstättn. Was folgte, war ein langsamer Aneignungsgprozess über vier Jahre, der zuerst mit dem Entleeren und der Neugestaltung der Innenräume begann.

Betritt man das Bauernhaus heute, ist man sofort vom Anblick der geräumigen Stube mit zwei Säulen und dem großen Kachelofen überwältigt. Sowohl der große, rund fünf Meter lange Tisch als auch die dazu passende Sitzbank wurden von einem Tischler aus einer der Mehltruhen aus dem Jahr 1854, die am Dachboden lagerten, gefertigt. Der Kachelofen wurde neu aufgesetzt und so auch funktionstüchtig gemacht.

Ein Biotop zum Baden und für die Frösche

Die Küche und das Wohnzimmer sind im Altteil mit schönen Gewölben angelegt. Im Erdgeschoß befindet sich auch das Badezimmer, von dem aus man einen wunderbaren Ausblick auf den Garten hat, der in ein Paradies umgebaut wurde. Auf den Fundamenten des einstigen Hühnerstalls wurde eine überdachte Lounge aufgebaut, gleich daneben befindet sich das Gewächshaus, angeliefert in Modulen von einer belgischen Firma. Den Aufbau hat Matthias selbst übernommen. Angelegt wurde auch ein 40 Quadratmeter großes Biotop, ein kleiner Teil davon ist als Schwimmbereich abgetrennt, „der Rest gehört den Fröschen und den Amphibien“, sagt Lisa, die auch Sammlerin von historischen Rosen ist, was dem Außenbereich ein wenig den Touch eines englischen Gartens gibt. Einen zweiten Naturgarten mit 600 Quadratmetern gibt es übrigens auch noch, dafür muss man aber die Straße überqueren. Er bietet vor allem Nahrung für die Bienen der sechs Bienenstöcke, die sich hier befinden.

In Angriff genommen wurde auch das Dachgeschoss, in dem sich jetzt das Arbeitszimmer von Matthias sowie das Schlaf- und Gästezimmer befinden. Um das Dach für die Schneelast zu sichern, mussten zusätzliche Dachsparren eingebaut und das Ganze abisoliert werden, um es überhaupt bewohnbar zu machen. Ein neuer Edelstahlkamin wurde ebenfalls eingebaut, ein Schwedenofen sorgt im Winter für behagliche Temperaturen.

„Das Haus ist wirklich ein Projekthaus“, sagen die beiden, und abgeschlossen sind die Arbeiten noch lange nicht. Denn neben dem Bauernhof gibt es auch noch ein kleines Stallgebäude, das derzeit als Lagerraum dient. Was aber nicht so bleiben wird, denn hier soll in Zukunft ein Verarbeitungsraum für Kräuter entstehen. Denn der Hof ist seit 2021 ein zertifizierter Bio-Kräuterhof, auf dem Lisa nicht nur Heilpflanzen destilliert, sondern auch heilsame Körperarbeit anbietet. Womit ihr Kinderwunsch, eine besondere Bäuerin zu werden, wohl in Erfüllung gegangen ist.