Wer es geruhsam angehen mag, startet beim Schloss Wartegg in Rorschacherberg, hier wird die Uhr noch von der Sonne dirigiert. Das dürfte Kaiserin Zita 1919 anders gesehen haben, sie verbrachte auf dem Schloss zwei Monate im Exil. Nicht von ungefähr, ihr Vater, Herzog Robert aus dem Hause Bourbon-Parma, hatte das Anwesen in den 1860er-Jahren gekauft. Sie selbst war Nummer 17 von 24 Kindern aus zwei Ehen.  Auch eine Art Exil: Im neun Hektar großen englischen Landschaftsgarten fand soeben Cabane No 7, eine kleine rostrote Kapelle von der Expo 02, entworfen vom französischen Stararchitekten Jean Nouvel, nach jahrelanger Odyssee ein Zuhause.


In der von Meisterhand angelegten grünen Oase hat sich der Mammutbaum nach 150 Jahren verabschiedet, und die Ulmen „haben auch eines auf den Deckel gekriegt“, bedauert Chefgärtner Matthias Thalmann. Er werkt nach eigenen Angaben mit Kopf, Herz und Hand und zaubert biologisch dynamisch alte Sorten von Gemüse, Kräutern und Blumen aus dem Beetboden.
Zum Erfolg trägt auch ein mit zermahlenem Bergkristall gefülltes Kuhhorn bei, das in der Erde vergraben je nach Zeitpunkt Sommer- und Winterkräfte sammelt, die später als Präparat im Pflanzenbau zum Einsatz kommen.

Beim Stichwort Garten und Bodensee denken viele wohl sofort an Mainau. „Insel mal Palme zum Quadrat“ lautet dort heuer das Jahresmotto - die Natur als geniale Mathematikerin. Wie sich etwa bei der Sonnenblume die Grundlage für den Goldenen Schnitt ablesen lässt, wie viel Mathematik sonst noch in der Welt der Pflanzen steckt und welche große Rolle Zahlen in der Botanik spielen, sind die Themen. Was auch zu den Zahlenspielen passt: Auf Mainau haben in einer Rabattenterrasse 15.700 Blumenzwiebeln Platz. 250 Sorten Dahlien färben mit der geballten Blütenpracht von 12.000 Pflanzen Spätsommer und Herbst ein.
Wer eher zum Praktischen neigt: Gartenfanatiker können einen Tag oder mehr mit Mainau-Chefgärtner Peter Schober auf der Blumeninsel garteln.

Blumeninsel Mainau
Blumeninsel Mainau © coldmoon photo/stock.adobe.com


Ob Phönixpalme, die einzige im Freien nördlich der Alpen, Weihrauchzeder, Berg-Mammutbaum, das größte Lebewesen der Welt, oder der Trompetenbaum alias Beamtenbaum, „sein Austrieb kommt spät und geht früh“, wie Führerin Karin Jäger verschmitzt erläutert, im Herzen der Insel umarmen grüne Giganten die Besucher. Zu lebenden Fossilen wie Urweltmammutbaum geleitet auch Landschaftsfachmann Martin Klauser im Seeburgpark Kreuzlingen. Dabei sei das Arboretum (eine Sammlung oftmals exotischer Gehölze) ein Kind des 20. Jahrhunderts, holt der Fachmann die staunende Schar von ihrer Zeitreise zurück. Dafür gibt es eine Lektion über den Lebensbaum, der als „untödlich“ gilt, weil er seine Äste ablegt, um daraus neue Bäume erwachsen zu lassen. Ein Hoch der Thuja!

Ein prächtiges Gesamtbild

Vom Park ist es nur ein „Schiffshupfer“ zur Konstanzer Goldküste mit ihren Villen und Gärten. Wenn dann auch noch Dominik Gügel, allseits beschlagener Tausendsassa vom Bodensee, die Führung übernimmt, fügen sich Wissenschaft und Historie, Gartenkunst und Literatur zu einem prächtigen Gesamtbild.  Apropos Literatur. Es wäre eine Sünde, nicht bei Hermann Hesse im Museum in Gaienhofen, an der Spitze der Halbinsel Höri gelegen, vorbeizuschauen. Sowohl in der beschaulichen Gartenanlage als auch im Museum bekommt man als Draufgabe ein Stück Lyrik für den Hausgebrauch verabreicht.

Der Garten um das „zweite“ Hermann-Hesse-Haus wiederum zeigt sich entweder in krachenden Farben oder in Duftwolken gehüllt, so wie es dem Dichterfürsten einst gefiel. Allerdings nicht sehr lange. „Still verlass ich dieses Hafen Becken, nun kann Europa mich am ...“, schickte er 1911 auf dem Weg nach Indien noch einen Gruß aus Genua nach Gaienhofen, wo seine Frau Mia mit drei kleinen Buben zurückblieb.

Selbst Gaststätten wie „Der Hirsch“ am Untersee steuern ihren Teil zum allerorten ausgerufenen Gartenrendezvous bei. Da darf ein ehemaliges Kloster wie Sankt Georgen in Stein am Rhein nicht nachstehen. Eine Sammlung von Heilpflanzen und – als Zugabe – ein traumhafter Ausblick auf Untersee und Rhein werden geboten.
Und man lernt nie aus. Eine fachkundige Führung belegt anhand des Mönchspfeffers erstaunliche Wendungen über die Jahrhunderte: Die Blätter sollen einst durch ihre dämpfende Wirkung den Mönchen die Einhaltung des Keuschheitsgebots erleichtern haben. Heute werden die Früchte in der Frauenheilkunde eingesetzt.