Es duftet köstlich. Seit acht Stunden schmort das Ofenbratl nun vor sich hin, gerade ist der Hausherr auf dem Weg in den Gewölbekeller, um eine Flasche Wein zu holen. Dass hier Genießer zu Hause sind, merkt man auf den ersten Blick: Der große Ofen ist das bestimmende Element in dem offenen Wohnraum. Er ragt hoch in den steilen Giebel auf. Die Kombination aus Tischherd und Kachelofen aus der Hand des Künstlers Jürgen Rajh teilt den großen, offenen Raum in Küche und Essbereich.
Die Terrasse hinter den Glasfronten scheint den Wohnraum noch zu verlängern und direkt in den Weinbergen zu enden. Fast wie ein Infinity Pool - nur für Weinliebhaber. Jahrelang suchte die Familie Windsteiger ein Haus in einer Weingegend. „Wir haben alle abgeklappert - vom Weinviertel bis zum Kamptal “, erinnert sich Wolfgang Windsteiger. Gesucht wurde kein bezugsfertiges Haus, sondern eine Bauarbeit („Wir bauen leidenschaftlich gerne um!“). Und dann, mehr durch Zufall, wurden sie fündig - mitten im Zentrum des Örtchens Vießling.
Kleine Räume, langer Gang
Dass man ein Schönwetterhaus gefunden hatte, war schnell klar, denn die Fenster waren innen komplett mit Eis verkrustet. Ein paar Elektropaneele an der Wand und ein kleiner Holzofen konnten dem Winter in der Wachau nicht trotzen. Im Inneren herrschte außerdem ein Durcheinander an Materialien und Formen. „In den Zimmern - an den Wänden und am Boden - waren überall andere Fliesen verlegt worden“, sagt Wolfgang Windsteiger und deutet dabei auf eine Sammlung alter Fotos. Von einem schmalen Vorraum sieht man da Zimmer abzweigen, ebenso einen unbenützten Dachboden. Das Dach allerdings war heil.
Gemeinsam mit den Architekten Petra und Alexander Augustin ging es ans Umplanen - bei der Umsetzung von Februar bis Juli 2018 blieb dann kein Stein auf dem anderen. Die Innenwände verschwanden fast ganz. So öffnet sich das Haus nun zur vollen Breite Richtung Natur. Auch die Decke zum Dachboden wurde fast ganz entfernt. Die übrig gebliebenen 15 Quadratmeter Plateau tragen nun ein Lesezimmer mit Gästecouch, das mithilfe einer Holztreppe erobert werden kann. Zu ebener Erde entstanden auf rund 90 Quadratmetern neben dem Wohnbereich ein Schlaf- und ein Badezimmer.
Statt auf einem Fliesenwirrwarr bewegt man sich nun im Innen- und Außenbereich einheitlich auf einem Lärchenholzboden. Im Bereich des Kachelofens geht der Holzboden in geschliffenen Beton über. Das ist nicht nur optisch ein Gewinn. Der Terrazzoboden entpuppte sich mit rund 70 Euro pro Quadratmeter als leistbare Alternative, wie der Hausherr verrät.
Eine kontrollierte Wohnraumlüftung sorgt nun für die nötige Dosis Frischluft, auch wenn einmal längere Zeit niemand zu Hause ist. Fußboden- und Wandheizung wärmen die Räume - und dann ist da noch dieser Quell an Behaglichkeit mitten im Raum. Wolfgang Windsteiger nimmt das Bratl aus dem Ofen und legt den Schalter um. Die Hitze der Holzscheite dringt in den Kachelofen und wärmt die Seele.
Birgit Pichler