So wie die Psyche alle unsere Lebensbereiche beeinflusst, beeinflussen diese auch unsere Psyche. Was zunächst kryptisch klingt, ist eigentlich ganz einfach. Gemeint ist die Gestaltung unseres Lebensraumes - der Wohnung, des Hauses, des Büros - und die Auswirkung auf unser Verhalten. Zusammenfassen lässt sich das unter dem Bereich der Wohnpsychologie.

Der Grazer Harald Deinsberger-Deinsweger beschäftigt sich nun seit zwölf Jahren mit diesem Thema. "Vereinfacht gesagt, geht es um die Wohnqualität, die ein Lebensraum bietet. Es geht um das Verhalten, um zwischenmenschliche Beziehungen und um menschliche Entwicklungen", erklärt Deinsberger-Deinsweger. Dass die Art und Weise, wie wir wohnen, massiv Einfluss auf unser Leben nimmt, davon ist der studierte Psychologe und Architekt überzeugt: "Es gibt keinen Bereich, der vom Wohnen nicht beeinflusst wird."

Offen oder geschlossen?

Doch wie weiß man, welche Wohnsituation nun gut, welche schlecht ist? "Ich gehe von Wohnbedürfnissen aus. Diese sind bei jedem Menschen verschieden ausgeprägt, die Grundbedürfnisse bleiben aber gleich. Die wichtigsten davon sind das Schutzbedürfnis und das Kontaktbedürfnis. Beim Schutzbedürfnis geht es nicht nur um das Thema Sicherheit, sondern um einen vorhandenen Rückzugsraum. Menschen wollen Privatsphäre. Hier spielt auch der Sichtschutz eine große Rolle, der sehr oft vernachlässigt wird." Gerade in der heutigen Zeit ein wichtiges Thema. Denn offene Wohnräume liegen im Trend, Rückzugsmöglichkeiten werden dabei gerne vergessen.

Bei vielen Psychologen werden offene Wohnungen oder Häuser gar als beziehungsgefährdend eingestuft. Für den Wohnpsychologen nachvollziehbar: "Jeder sollte seine persönliche Nische mit der Möglichkeit, die Türe hinter sich zu schließen, haben. Ob in einer Partnerschaft zu zweit oder im Zusammenleben mit Kindern. Im Gegenzug ist es aber natürlich wichtig, einen Gemeinschaftsraum zu schaffen. Zum Beispiel ein großes Wohnzimmer."

Den Reiz der Offenheit kann er aber nachvollziehen. Von einer Modeerscheinung will er nicht sprechen: "Mehr Offenheit bedeutet mehr Wohnqualität und fördert den Denk- und Handlungsfreiraum. Es dürfen die anderen Aspekte dabei nur nicht vergessen werden. "

"Nicht mehr draußen"

Verändert hat sich nicht nur die Art des Wohnens, sondern auch unsere Lebensweise. "Im Vergleich zu den letzten Jahrhunderten verbringen wir heute den Großteil unserer Zeit in Räumen. Folglich müssen diese unseren Anforderungen gerecht werden."

Daher empfiehlt Deinsberger-Deinsweger eine ordentliche Planung - bereits im Vorfeld: "Sorgen Sie für genügend Privatsphäre, aber lassen Sie auch Raum für Kontakte - zum Beispiel mit Nachbarn."