„Es klingt wie am Meer“, sagt Birgit Jandl auf der Dachterrasse ihres neuen Hauses. Was rauscht, ist die Mur tief unten. Gegenüber ragt der Schlossberg aus der Stadt, hinter uns die Kirchtürme von Mariahilf. Noch fehlt das Dach aus transparenten Solarpaneelen über der großen Fläche. Die Aussicht aber ist schon da und atemberaubend.

„Lendmark“ nennt Birgit Jandl das Haus, das Marion Wicher entworfen hat. Es sticht aus der Kai-Bebauung aus dem 19. Jahrhundert markant heraus, nimmt aber bewusst deren Linienführung auf. So endet die Verkleidung der Fassade aus Cortenstahl, hinter der sich die unterste Wohnung und die Garage verbergen, wo am Nachbarhaus ein Sims das Hochparterre begrenzt. Schmale Balkons öffnen sich auf drei Etagen über dem Eingang zur Mur. Darüber springt der Baukörper vor. Die rostbraune Veranda vergrößert die oberste Einheit, die sich Wicher selbst gesichert hat, und das Skyloft. „Das Sahnehäubchen“ nennt Jandl den Abschluss ihres Hauses, dessen Nutzung allen Mietern nach Reservierung zusteht.

Am Nachbargrund lehnt sich derzeit noch ein kleines, sehr verfallenes Häuschen an die Feuermauer des siebenstöckigen Gebäudes. Gebaut auf Mur-Schwemmsand ließ sich auch der ähnlich niedrige Vorgängerbau des Hauses Lendkai 25 nicht retten. 17 Betonpfähle musten 20 Meter tief in die Erde getrieben werden, um die Stabilität des neuen Gebäudes zu garantieren. Außerdem stecken fünf Energiepfähle 110 Meter tief im Grund. Pumpen transportieren im Winter Wärme ins Haus, im Sommer sinkt kühle Luft von den Decken der fünf Wohn- oder Büroeinheiten.

Die Unentschiedenheit der Zweckwidmung ist Absicht. Alle fünf Einheiten können als Büro oder als Wohnung genutzt werden. Der einzige Unterschied liegt in der Positionierung der Küche. Das Büro bietet eine kleine Kochnische im Gang. Der Wasseranschluss läßt sich aber auch vom großen Wohnraum her installieren, sollte die Etage als Wohnung genutzt werden. Kabel im Boden markieren den Platz für die freistehenden Küche. Alle übrigen Anschlüsse verbergen die hölzernen Fenstersimse an beiden Seiten des Großraums.

Die flexible Nutzbarkeit der Lofts dient – wie so vieles in dem Haus – der Nachhaltigkeit, die der Bauherrin wie der Architektin besonders wichtig ist. Um dem Ziel der Klimaneutralität näher zu kommen, werden in der Garage zwei e-Autos von „rail & drive“ stehen, die Mieter wie externe Interessierte bestellen können. Für Fahrräder bietet der Hof geschützten Platz. Alle Schlösser, auch die zum Postkastl, sind vom Handy aus zu steuern, das spart Schlüssel. Die Photovoltaik-Paneele auf dem Dach und über der Pergola sollten das Haus autark versorgen können, hofft Jandl – vorausgesetzt, es scheint die Sonne.

Die Idee der Nachhaltigkeit

Marion Wicher hält sich an die Maxime, Materialien so zu verwenden, wie sie sind: „Stahl als Stahl, Stein als Stein“. So bleibt der Beton unverkleidet, der stählerne Handlauf im Stiegenhaus zeigt Spuren der Bearbeitung. „Industriechic“ nennt Jandl das. Einzig der Traum, die große Fläche der Pergola und die Balkons mit Stainzer Platten zu belegen, ließ sich nicht verwirklichen: Der Preis sprach zu deutlich für Fliesen.

Die Räume sind 2.60 Meter hoch, wirken aber wegen der riesigen Fensterfront höher. Die Fenster aus wiederverwertetem und wiederverwertbarem Aluminium öffnen den Blick auf die Altstadt zu beiden Seiten, in jedem Stockwerk aus anderer Perspektive. Wird es allzu stickig im Raum, schlägt das Handy eine Lüftung vor. Feuerwehrschläuche sind in jedem Stock vorhanden, sollten Löscharbeiten nötig werden. Den Hall müssen Möbel und eventuell Teppiche dämpfen. Das möblierte Atelier von Marion Wicher zeigt, wie es geht.

„Mein Wunsch an die Mieterinnen und Mieter: tragt die Idee der Nachhaltigkeit mit“, sagt Birgit Jandl, die Investorin. Ihre Mietverträge werden daran erinnern, aber nicht dazu verpflichten. Aber das wird wohl nicht nötig sein.