EZB-Präsidentin Christine Lagarde blickt mit Zuversicht auf die Inflationsentwicklung im Euroraum. Die Inflation halte zwar an, sagte Lagarde im Interview der Sonntagszeitung "La Tribune Dimanche". "Aber sie lässt nach und geht sogar stetig zurück", sagte sie. "Das ist eine gute Nachricht." Die Bemühungen der Europäischen Zentralbank (EZB) hätten dazu beigetragen, ebenso einige der in Europa verfolgten wirtschaftspolitischen Maßnahmen.

Die Leitzinsen der EZB hätten ein Niveau erreicht, das einen wesentlichen Beitrag zu einer rechtzeitigen Rückkehr der Inflation zur Zielmarke leisten werde, wenn es ausreichend lange beibehalten werde, bekräftigte sie frühere Aussagen.

"Wir werden das erreichen"

Die Euro-Notenbank strebt zwei Prozent Teuerung als optimales Niveau für die Wirtschaft an. Im September hatte sich die Inflation im Euroraum auf 4,3 Prozent abgeschwächt von 5,2 Prozent im August. Noch im Herbst 2022 hatte der Preisauftrieb bei mehr als zehn Prozent gelegen. Die Euro-Wächter haben seit Sommer 2022 die Zinsen zehn Mal in Folge angehoben - zuletzt im September um 0,25 Prozentpunkte. Der am Finanzmarkt maßgebliche Einlagensatz, den Geldhäuser für das Parken überschüssiger Gelder von der Notenbank bekommen, liegt damit aktuell bei 4,00 Prozent. Das ist das höchste Niveau seit dem Start der Währungsunion 1999.

"Wir wollen, dass die Inflation zurückgeht zu zwei Prozent und wir werden das erreichen", sagte Lagarde der Zeitung. Dass die Lohnentwicklung aus dem Ruder laufe, sei derzeit nicht zu erkennen. "Im Moment sehen wir das nicht, aber wir überwachen das genau." Das Lohnwachstum werde dieses Jahr voraussichtlich bei 5,3 Prozent liegen, 2024 bei 4,3 Prozent und 2025 bei 3,8 Prozent. "Dies steht im Einklang mit einer Rückkehr der Inflationsraten auf zwei Prozent in den kommenden Jahren."

Aufruf zu mehr Zuversicht

Die EZB sei zudem nicht pessimistisch hinsichtlich der kurzfristigen Konjunkturaussichten. So sei die Beschäftigungsrate höher als je zuvor in Europa, und sie stabilisiere sich auf diesem Niveau. Die große Frage betreffe die Unternehmen. Die EZB gehe davon aus, dass sich Firmen wie in früheren Krisen verhalten und ihre Gewinnspannen etwas senken, um einen Teil der Lohnanstiege zu absorbieren. "Wer hätte noch vor einem Jahr gedacht, dass es uns gelingen würde, bis September 2023 mehr als 90 Prozent unserer Gasreserven wieder aufzufüllen?", sagte Lagarde. Dem kommenden Winter könne mit viel mehr Zuversicht entgegengesehen werden.