Infineon steht schon seit vielen Jahren für eine der spannendsten Erfolgsgeschichten in der österreichischen Industrie. In den nächsten Jahren dürfte die Österreich-Tochter des deutschen Konzerns aber sogar in ganz neue Wachstumsdimensionen vorstoßen.
In welche Richtung das gehen kann, zeigen diese Zahlen: Innerhalb eines Jahres generierte Infineon Österreich 1,342 Milliarden mehr Umsatz – das Plus von 34 Prozent auf 5,24 Milliarden Euro ist damit übrigens kräftiger ausgefallen als im Gesamtkonzern. Beim Ergebnis vor Steuern ist mit 84 Prozent Plus fast eine Verdoppelung auf 663 Millionen Euro gelungen. "Das Jahr war in vielerlei Hinsicht herausforderndes und herausragendes Jahr", so Infineon-Österreich-Chefin Sabine Herlitschka.
Welchen Anteil an diesem Schub bereits die vor gut einem Jahr eröffnete neue Dünnwafer-Fabrik in Villach hat, dazu will sich Herlitschka allerdings noch nicht in die Karten schauen lassen. Klar ist, dass die riesigen Hallen gerade im Eiltempo mit Hunderten weiteren Maschinen ausgestattet werden. Täglich komme eine neue dazu, erklärt sie.
"Wir fahren die neue Chipfabrik mit Hochdruck hoch", bestätigt sie am Dienstag bei der Bilanzpräsentation in Wien. So können die Villacher besonders vom immer noch nicht beseitigten weltweiten Chipmangel profitieren. In vielen Ländern sind schon große Fabrikstandorte angekündigt oder in Bau. "Insofern ist eine Entspannung am Markt absehbar, aber bis die in Produktion gehen, dauert es noch einige Zeit."
Viel Geld in die Hand nehmen
Auch Infineon nimmt derzeit extrem viel Geld in die Hand und baut um fünf Milliarden Euro seinen Standort in Dresden aus. In Malaysia fließen zwei Milliarden in eine neue Fabrik. In Österreich gehe es jetzt aber erst einmal um die Vollauslastung, wehrt Herlitschka Fragen nach weiteren Investitionen in Villach ab. "Hier wird bis 2025 jeder Quadatmeter genutzt". Mehr als die Hälfte des ausgeklügelten Ausbauplans ist bereits jetzt erfüllt.
"Wir sind nicht überrascht über das Ergebnis, nur hocherfreut", sagt Finanzchef Oliver Heinrich über den Wachstumsschub. Dass die Erfolgsserie demnächst von weltweiten Überkapazitäten eingebremst werden könnte, davon geht bei Infineon derzeit niemand aus. Allein im Automobilbereich, wo gerade die Elektrifizierung Fahrt aufgenommen hat, aber auch Assistenzsysteme immer selbstverständlicher werden, bleibe die Nachfrage auch in Zukunft deutlich größer als die mit den Fabriksneubauten einhergehenden Kapazitäten, so Herlitschka. Ähnlich sei es bei Chips für höhere Energieeffizienz.
Im globalen Wettstreit um Standorte der Halbleiterindustrie müsse Europa im Rahmen des European Chips Act allerdings aufpassen, "dass er tatsächlich gut wird", fordert Herlitschka. "Der Großteil der vorgesehenen 43 Milliarden Euro muss national finanziert werden", erklärt sie. "Große Länder können sich vielo mehr leisten als kleine Länder." Zudem müsse sehr sinnvoll im "Ökosystem" der europäischen Chipindustrie agiert werden, um die Stärken zu stärken, etwa im Bereich der Sensorik-Chips.
Neue Materialien für noch mehr Wachstum
Ein Mega-Thema wird für Infineon der Einsatz der neuen Basismaterialien Galliumnitrid und Siliciumkarbid sein. Die zentrale Forschung läuft in Villach, es gibt auch bereits eine Produktion. In großem Stil wird ab 2024 in Kulim in Malaysia gefertigt. Galliumnitrid ist ein Reststoff aus der Aluminiumproduktion. "Eingesetzt werden solche Chips überall, wo Spannungen gewandelt werden müssen", so Technik-Vorstand Thomas Reisinger. Das sind beispielsweise Fotovoltaikanlagen oder Ladesäulen für E-Autos. Reisinger zufolge sind die Chips hitzebeständiger, vertragen höhere Ströme, schalten dabei schneller und haben dadurch weniger Energieverluste.
160 Millionen Euro hat allein Infineon Österreich im Vorjahr in die neuen Materialien investiert, was laut Herlitschka zeigt, wie sehr dort jetzt angezogen wird. Bis 2027 werde die Produktionskapazität in Villach und Kulim verzehnfacht. Global werde ein Wachstum dieser Chipgeneration um 50 Prozent erwartet. Bei Siliciumcarbid dürften die Wachstumsaussichten ebenfalls herausragend sein. Immerhin will der Infineon-Konzern hier in Villach un Kulim ebenfalls seine Kapazität bis 2027 verzehnfachen. Hier lautet das Konzernziel: 30 Prozent Weltmarktanteil bis 2030.
Claudia Haase