Ryanair-Passagiere müssen sich wegen eines Pilotenstreiks auf massive Flugausfälle und Verspätungen gefasst machen. Die Airline hat für diesen Freitag (10. August) europaweit rund 400 Flüge abgesagt, von denen 250 auf Deutschland entfallen. Rund 55.000 Kunden müssten umbuchen oder sich ihre Tickets erstatten lassen, erklärte Ryanair-Marketing-Chef Kenny Jacobs am Mittwoch in Frankfurt.
Die Betroffenen sollten alle per E-Mail oder SMS individuell benachrichtigt werden.
Streik beginnt um 3.01
Zuvor hatte die Gewerkschaft Vereinigung Cockpit (VC) alle angestellten Piloten an den deutschen Ryanair-Basen für den 10. August zu einem 24-stündigen Streik aufgerufen. Dieser soll am Freitag um 03.01 Uhr früh beginnen und bis Samstagfrüh dauern. Die VC schloss sich damit den bereits zuvor angekündigten Ausständen ihrer Kollegen in Irland, Schweden und Belgien an.
Ryanair strich daraufhin nahezu das komplette Programm, das am Freitag mit den in Deutschland stationierten Maschinen geplant war. Eine Ausnahme ist der Flughafen Baden-Baden mit einem guten Dutzend Flügen, zu denen sich die dortigen Piloten bereit erklärt hätten.
Es seien auch nicht sämtliche Flüge von und nach Deutschland abgesagt, machte Jacobs klar. Stammten Jet und Crew beispielsweise aus dem nicht bestreikten Spanien, werde der Flug wie geplant stattfinden: "Mit rund 2.000 Verbindungen wird Ryanair auch am Freitag die größte europäische Airline sein." Etwa jeder dritte deutsche Kunde könne seinen Flug antreten, meinte Betriebschef Peter Bellew.
Scharfe Kritik
Jacobs kritisierte die VC scharf dafür, dass sie ihren Streik nicht sieben Tage zuvor angekündigt hatte. "Eine Frist von 40 Stunden mitten im August führt nur dazu, den Urlaub unschuldiger Familien zu zerstören." Er gehe davon aus, dass der Flugbetrieb am Samstag wieder normal laufe. Den wirtschaftlichen Schaden bezifferte er nicht. Es gebe sicherlich bei einigen Menschen eine gewisse Buchungszurückhaltung. Auch müssten kurzfristig Plätze in anderen Maschinen belegt werden, die man sonst teuer hätte verkaufen können.
Allgemein gestalten sich in der Hochsaison Umbuchungen schwierig, weil kaum freie Plätze vorhanden sind. Weitere Entschädigungen neben dem Ticketpreis oder einem Ersatzflug lehnt Ryanair ab, weil die Streiks nicht in der Macht der Gesellschaft lägen. Zu dieser Frage streben einige Flugrechteportale eine Musterklage an.
Abgestimmte Aktion
Die abgestimmte Aktion in vier Ländern ist der bisher größte Pilotenstreik in der Geschichte der größten Billig-Airline Europas, die erst seit Ende 2017 Gewerkschaften anerkennt. Vor zwei Wochen hatten zudem streikende Flugbegleiter in Portugal, Spanien und Belgien über zwei Tage zusammen rund 600 Flüge mit knapp 100.000 betroffenen Passagieren ausfallen lassen. Unter den europäischen Piloten haben bisher einzig die Iren an vier einzelnen Tagen die Arbeit niedergelegt. Ryanair hatte daraufhin den Abzug von sechs Jets samt 300 Arbeitsplätzen nach Polen angekündigt.
Die VC verlangt deshalb Schutz vor unfreiwilligen Versetzungen. Ihr Präsident Martin Locher warf der Fluggesellschaft vor, eine Lösung am Verhandlungstisch zu blockieren und für die Eskalation allein die Verantwortung zu tragen. "Ryanair hat in den Verhandlungen jedwede Personalkosten-Erhöhung kategorisch ausgeschlossen. Gleichzeitig hat Ryanair zu keinem Zeitpunkt erkennen lassen, an welchen Stellen Spielräume zur Lösungsfindung bestehen", erklärte der Gewerkschafter.