Deutschlands größte Fluggesellschaft Lufthansa, in Österreich Mutter der AUA (Austrian Airlines), hat ihr Interesse an großen Teilen des insolventen Rivalen am Mittwoch in der ersten Sitzung des Gläubigerausschusses in Berlin offiziell gemacht. Vor allem auch an Niki.

In einer Absichtserklärung an das Gremium hieß es, die Lufthansa wolle die österreichische Air-Berlin-Tochter Niki und weitere Teile der Fluggesellschaft zu bestimmten Konditionen übernehmen.

Der deutsche Wirtschaftsstaatssekretär Matthias Machnig (SPD) bestätigte heute Gespräche zwischen Lufthansa und Niki.

Einen Zuschlag für Niki und andere Teile hat die Lufthansa heute vom Gläubigerausschuss aber nicht erhalten, hieß es von informierter Seite. Auch einen vorgezogenen Teilverkauf von Niki soll es zunächst nicht geben.

Gläubigerausschuss muss Verkauf zustimmen

Mehrere deutsche Medien hatten zuvor spekuliert, dass in der ersten Sitzung des Gläubigerausschusses bereits die Aufspaltung von Air Berlin beschlossen werden könnte. Dass der Gläubigerausschuss dafür jetzt schon grünes Licht gebe, sei nicht zu erwarten gewesen, verlautete aus dem Ausschuss. Auch die Thomas-Cook-Tochter Condor sei an den Verhandlungen beteiligt, sagte ein anderer Insider.

Die Verhandlungen über eine Aufteilung der hoch verschuldeten Fluggesellschaft auf Lufthansa und andere Airlines hatte Air-Berlin-Chef Thomas Winkelmann bereits vergangene Woche kurz nach Anmeldung der Insolvenz begonnen. Der Gläubigerausschuss muss einem Verkauf zustimmen.

Bei dem heutigen Auftakt-Treffen ging es zunächst auch um Formalien. So musste das Gremium der Fortsetzung des Flugbetriebs zustimmen. Zudem sollte ein Zeitplan für die nächsten Schritte festgelegt werden

Dem Gremium gehören Vertreter von Air Berlin, Commerzbank, der Lufthansa-Tochter Eurowings, der Bundesagentur für Arbeit sowie ein Anwalt von Leasinggesellschaften an.

Insolvenzgeld für die 7200 Mitarbeiter

Die Bundesagentur zahlt drei Monate lang das Insolvenzgeld für die 7200 Mitarbeiter in Deutschland. Eurowings hat 38 Maschinen mit Besatzungen von Air Berlin gemietet und vorfinanziert und wäre deshalb von einer Einstellung des Flugbetriebs ebenfalls stark betroffen.

An Air Berlin interessierte Lufthansa-Konkurrenten kritisierten, dass die Kranich-Linie über den Sitz von Eurowings im Gläubigerausschuss bevorzugt an Informationen kommen könnte. Neben dem Ausschuss für die deutsche KG gibt es auch noch entsprechende Gremien für die Air Berlin plc und Air Berlin Technik.

Air Berlin hatte am 15. August Insolvenz beantragt, nachdem der Großaktionär Etihad dem dauerhaft defizitären Partner die finanzielle Unterstützung entzogen hatte. Der Flugbetrieb ist durch den Kredit des Bundes über 150 Millionen Euro für etwa drei Monate gesichert.

Winkelmann strebt eine Lösung bis Ende September an. Es herrsche Zeitdruck, weil eine Fluggesellschaft in Insolvenz nun mal Geld verbrenne.

Nach früheren Insider-Angaben ist die Lufthansa am Kauf von bis zu 90 der 140 Flugzeuge von Air Berlin interessiert. Dabei ist die Niki-Flotte eingerechnet. Neben Condor wird auch dem britischen Billigflieger EasyJet Interesse an Teilen von Air Berlin nachgesagt.

Voriges Jahr hatte sich Lufthansa bereits 38 der 144 Air-Berlin-Jets gesichert. Die angemieteten Maschinen sind schon für die Lufthansa-Töchter Austrian Airlines und Eurowings unterwegs, gehören aber noch zu Air Berlin.

Ryanair will Air Berlin komplett übernehmen

Der irische Billigflieger Ryanair kündigte dagegen ebenso wie der Luftfahrt-Unternehmer Hans Rudolf Wöhrl an, Air Berlin komplett übernehmen zu wollen. Beide kritisieren, die Lufthansa werde im Verkaufsprozess bevorzugt behandelt und habe schon früher als sie selbst Zugang zu den Wirtschaftsdaten bekommen. Air Berlin bestreitet das. "Man hat im Vorfeld hinter verschlossenen Türen längst eine Lösung gefunden", sagte Wöhrl dem Sender n-tv, und zwar eine zu Gunsten der Lufthansa. Ähnliches vermutet der Gründer von Niki, Niki Lauda. Lauda kritisiert zudem, dass mit einer Übernahme von Niki durch die Lufthansa die österreichische AUA gar keine Konkurrenz mehr haben werde.

Die Kritiker sahen sich durch Äußerungen von deutschen Regierungsvertretern bestätigt. Die deutsche Wirtschaftsministerin Brigitte Zypries und Verkehrsminister Alexander Dobrindt hatten sich in den vergangenen Tagen offen dafür ausgesprochen, dass ein großer Teil von Air Berlin an die Lufthansa geht.

Bei den Air-Berlin-Beschäftigten in der Konzernzentrale nahe des Flughafens Tegel - wo der Gläubigerausschuss am Mittwoch tagte - ist die Nervosität groß. "Wir haben alle Angst, dass wir unseren Job verlieren", sagte eine Beschäftigte dort, die seit 30 Jahren in der Branche tätig ist.