Seit mehr als drei Jahren brodelt es gehörig in Kroatien. „Dubiose Kreditvergaben“ und „Unregelmäßigkeiten“ waren noch die vornehmsten Zuschreibungen, die laut wurden. Wie berichtet, haben Kreditnehmer massive Vorwürfe gegen einige kleinere steirische Raiffeisen-Banken erhoben, die in Kroatien Tausende Hypothekarkredite vergeben haben, ohne dort über Banklizenzen zu verfügen – so ein Vorwurf. Bei Raiffeisen beteuerte man stets lückenlose Aufklärung, Betrugsvorwürfe wurden zurückgewiesen.
Jetzt wurde in Kroatien dennoch ein eigenes Gesetz beschlossen, das viele Kredite für ungültig erklären soll. Mit der Veröffentlichung des Textes wird in den nächsten Tagen gerechnet. Dann bleiben noch zehn Tage, bevor es in Kraft tritt. Im Raiffeisen-Sektor sorgt das „Lex Skibola“, das den Namen des 26-jährigen Oppositionspolitikers Marin Skibola trägt, naturgemäß für Unruhe.
Verträge in Österreich unterschrieben?
Michael Spitzer etwa, der seit 2014 für die Raiffeisen-Bankengruppe Steiermark als „Chef-Koordinator Kroatien“ agiert, ist zurzeit in besonders intensivem Austausch mit kroatischen Politikern und Rechtsexperten. Die aus den Gesprächen gebildete Meinung Spitzers ist eindeutig, wie er die Kleine Zeitung wissen lässt: „Wir sind der festen Auffassung, dass das Gesetz verfassungswidrig ist.“ Deswegen werde eine steirische Raiffeisenbank – stellvertretend für den Sektor – „noch im Juli“ eine Verfassungsklage einbringen. Ein Dorn im Auge ist den Steirern, dass das Gesetz rückwirkend gelten soll.
Der entscheidende Aspekt: Damit das Gesetz zur Anwendung kommt, muss ein Kläger beweisen, dass er die Kreditverträge mit österreichischen Instituten nicht in Österreich unterschrieben hat. Ein heftig umstrittener Punkt. Während in der Vergangenheit immer wieder Kreditnehmer ihre Geschichten erzählten, wonach sie Verträge in Kroatien unterschrieben hätten, beharrten die Raiffeisenbanken stets darauf, dass alle Verträge in Österreich abgeschlossen wurden.
Raiffeisen sieht sich "gut gewappnet"
Gegen drohende Klagen sehen sich die Banken laut Michael Spitzer deswegen „gut gewappnet“. Wenngleich die nächste Zeit, so das Gesetz nicht gekippt wird, aufwendig werden könnte. Bei Raiffeisen spricht man von 2938 Krediten, die von steirischen Banken an kroatische Kreditnehmer vergeben wurden und aktuell noch offen sind.
Auch Nationalbank-Gouverneur Ewald Nowotny führte die heikle Causa dieser Tage nach Kroatien. „Als Warnung, dass es hier nicht zu Lösungen kommt, die dann auf internationaler rechtlicher Ebene sicher nicht halten. Jeder von uns wird einsehen, dass man dort, wo es wirklich zu sozialen Härten kommt, Lösungen finden muss. Aber dann muss man das individuell lösen und nicht alles per Gesetz über einen Kamm scheren“, so Nowotny.
Wenn auch nicht existenzbedrohend, könne so ein Gesetz „für einzelne Bereiche Einschnitte“ nach sich ziehen. „Durch so ein Gesetz kann die Kreditversorgung in so einem Land schon leiden.“