Die Sozialpartner haben sich am letzten Tag eines Regierungsultimatums auf einen Arbeitspakt geeinigt, bei dem sich vor allem die Arbeitnehmervertreter durchgesetzt haben - zumindest auf dem Papier. Bis zum Jahr 2020 soll der Mindestlohn für Alle bei 1500 Euro brutto liegen. Sanktionen bei Nicht-Erfüllung gibt es aber nicht. Die Arbeitszeitflexibilisierung wurde einmal mehr vertagt.
Die Sozialpartner, die die Einigung am Freitagvormittag vor Journalisten präsentierten, betonten unisono, dass ihre Partnerschaft funktioniere und hier ein gutes Ergebnis erzielt wurde. Das sieht die Industrie allerdings anders. Christian Knill, Obmann des Fachverbands Metalltechnische Industrie (der größten Industriebranche Österreichs) reagierte verärgert: "Ich bin entsetzt. Diese sogenannte Einigung ist für mich das Ende der Sozialpartnerschaft, wie wir sie kennen."
Auch in der Industriellenvereinigung (IV) will keine Partystimmung aufkommen. "Eine einseitige Einigung beim Mindestlohn, die heimische Unternehmen bis zu 900 Millionen Euro kostet, ist daher ohne eine zeitgemäße und faire Arbeitszeitregelung unverständlich", so IV-Präsident Georg Kapsch.
Kanzler Kern: "1500 Euro müssen steuerfrei sein"
Unterstützung für die Sozialpartner kam von Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ). "Ich bedanke mich bei den Sozialpartnern für ihren Einsatz und ihr Engagement zur Umsetzung eines flächendeckenden Mindestlohns von 1500 Euro in Österreich. Mir und meiner Partei ist es ein wichtiges Anliegen, dass diese 1500 Euro ab spätestens 2019 auch steuerfrei sind. Falls es nötig sein sollte, werden wir flankierende Schritte setzen, um diese wichtige Verbesserung für mehr als 300.000 Menschen sicherzustellen", so Kern zur APA.
ÖGB-Präsident Erich Foglar sieht beim Mindestlohn "die Branchenlösung" als die "zu bevorzugende Lösung". Kollektivverträglichen Mindestlöhnen soll aber jedenfalls der "Vorzug" gegenüber gesetzlichen Mindestlöhnen gelten.
Zur Arbeitszeit: Man habe derzeit diesbezüglich tatsächlich "keine Lösung" gefunden. Das Thema bleibe aber "auf der Agenda".
Leitl: "Jetzt reizt es mich erst recht"
Dass die Arbeitnehmer nun 1500 Euro Mindestlohn durchgesetzt haben, die Arbeitgeber aber keine Arbeitszeitflexibilisierung bekommen haben, wollte WK-Präsident Leitl auf Nachfrage übrigens nicht als Niederlage sehen. "Das muss man sportlich sehen, man kann nicht alles gewinnen. Auch ein Unternehmen bekommt nicht jeden Auftrag, um den es sich bewirbt." Aber resignieren wolle er nicht. "Jetzt reizt es mich erst recht", so Leitl.
Wenig Freude mit dem Mindestlohn hat Landwirtschaftskammer-Präsident Hermann Schultes, der sich wünscht dass im Gegenzug die gesetzliche Regelung zur Nacht- und Schwerarbeit auf die Kollektivpartner übertragen wird und mehrere Landwirte einen Arbeitnehmer beschäftigen können.