Mit dem heutigen 15. Juni sind die teuren Telefonate vom EU-Ausland in die Heimat und das kostspielige Surfen/SMS-Verschicken im europäischen Ausland Geschichte. Ab sofort gelten bei Anrufen nach Österreich die gleichen Preise wie für ein Inlandstelefonat. Und auch für die Internetnutzung gilt dann der Inlandstarif - mit einer Ausnahme: Wer viel im Ausland lebt, bekommt den Inlandstarif nur bei geringer Nutzung.
Und nicht alle Tarife sind roamingtauglich, sprich mit manchen Tarifen sind Auslandstelefonate gar nicht möglich. Hintergrund: Da die EU die Netzpreise, die sich die Netzbetreiber untereinander verrechnen, eher hoch angesetzt hat, fürchten die Betreiber, dass sie Roaming bei kostengünstigen Tarifen nicht mehr kostendeckend anbieten können.
Umstellen müssen die Kunden jedenfalls nichts, die Tarife gelten automatisch ab dem 15. Juni, sowohl für Vertrags- wie auch Wertkartenhandys. Es ist auch egal, ob man ein Telefonie/SMS/Datenpaket hat oder für jeden einzelnen Anruf/SMS/Datenverbrauch zahlt.
Was gerne übersehen wird: Anrufe von Österreich ins Ausland sind kein Roaming, daher sind diese Anrufe nicht von der neuen Roamingverordnung betroffen. Diese Anrufe kosten daher ab jetzt genau so viel wie vorher.
Und Vorsicht bei WLAN-Routern. Internet-Pakete, die ausschließlich den Einsatz im WLAN-Router zu Hause gelten, kann man nur in Österreich nutzen. Roaming ist mit diesen SIM-Karten nicht möglich.
Weiters gilt die Roamingverordnung nur für EU-Länder sowie Liechtenstein, Norwegen und Island. Wer also seinen Urlaub beispielsweise in der Schweiz, der Türkei oder Serbien macht, zahlt genauso viel wie bisher. Die Roaming-Verordnung gilt auch nicht auf Schiffen und in Flugzeugen.
Das Aus für das Roaming wurde im Oktober 2015 vom EU-Parlament beschlossen - gegen die massive Lobbyingarbeit der Netzbetreiber, für die Roaming bis dato ein sehr einträgliches Geschäft war. In einem Zwischenschritt kam es bereits im April 2016 zu einer deutlichen Reduktion der Roamingkosten.
7 Tipps der Konsumentenschützer des VKI
1. Als (internationales) Roaming gelten nur Telefonate, SMS und Datenübertragungen im Ausland, eingewählt in einem Mobilfunknetz des Reiselandes. Telefonieren von Österreich ins Ausland ist kein Roaming, vom Ausland (siehe Punkt 2.) nach Österreich aber schon.
2. Die neue Roaming-Regelung gilt für die EU und für Liechtenstein, Island und Norwegen. Die Neuregelung gilt daher nicht in der Schweiz oder in der Türkei. Auch auf Kreuzfahrtschiffen, Fähren und in Flugzeugen gelten die Regelungen der Roaming-Verordnung nicht, es können hier daher enorme Kosten entstehen.
3. Es gilt prinzipiell der Grundsatz "Roam like at Home": Das bedeutet, dass die im Tarifpaket inkludierten Freieinheiten im EU-Ausland wie zuhause genutzt werden können. Bei Tarifen ohne inkludierte Einheiten fallen für verbrauchte Minuten, SMS und MB die gleichen Kosten wie im Inland an (maximal darf der Preis in ein anderes österreichisches Netz, falls dies unterschiedlich verrechnet wird, verrechnet werden).
4. Bei manchen Tarifen kann es jedoch für Datenroaming Volumenbegrenzungen ("Fair Use Limits") geben, die nach einer Formel für jeden Tarif individuell berechnet werden. Darüber, ob es für den Tarif ein Limit gibt und wenn ja, wie hoch das Datenvolumen ist, das der Konsument im EU-Ausland aufschlagsfrei nutzen kann, muss der Anbieter den Konsumenten informieren. Wenn das Volumen ausgeschöpft ist, muss der Betreiber eine Information per SMS schicken.
5. Zudem gilt wie bisher, dass Betreiber eine Kostengrenze für Datenroaming bei höchstens 60 Euro anbieten müssen. Sind 80 bzw. 100 Prozent dieser Kostengrenze verbraucht, muss der Anbieter den Konsumenten per SMS benachrichtigen. In dieser Nachricht steht, was getan werden muss, um Datenroaming weiter nutzen zu können. Ansonsten werden Datendienste bis zum Ende der Rechnungsperiode gesperrt.
6. Die "Fair Use Policy" soll es den Betreibern ermöglichen, Missbrauch zu verhindern: Der Anbieter kann zur Verhinderung einer missbräuchlichen Nutzung von Roamingdiensten einen Nachweis über den gewöhnlichen Aufenthalt in Österreich bzw. eine stabile Bindung nach Österreich verlangen. Dieser kann z. B. durch Meldezettel, Nachweis einer Vollzeitbeschäftigung oder Studiumsbestätigung erfolgen. Wer sich überwiegend (mehr als zwei Monate im Beobachtungszeitraum von vier Monaten) im EU-Ausland aufhält und die SIM-Karte überwiegend im EU-Ausland nutzt, wird vom Betreiber darauf hingewiesen und hat dann die Möglichkeit innerhalb von 14 Tagen sein Nutzerverhalten zu ändern, sonst können zusätzliche Kosten anfallen. Dem gleichgestellt sind eine lange SIM-Inaktivität mit vorwiegender oder ausschließlicher Nutzung im EU-Ausland bzw. Verträge für mehrere SIM-Karten und deren aufeinanderfolgende Nutzung durch denselben Kunden.
7. Telekomunternehmen können auch Tarife ohne Auslandsnutzung anbieten. Diese SIM-Karten funktionieren im Ausland gar nicht. Erkundigen Sie sich daher vor Vertragsabschluss darüber, ob Ihr Vertrag Roaming inkludiert.
Weitere Schritte gefordert
Durch das Roaming-Aus sei man dem "Traum von grenzenloser Kommunikation in Europa einen Schritt näher gekommen", sagt der ÖVP-Europaabgeordnete Paul Rübig. Doch sei man noch nicht dort, wo "wir hinwollen", so Rübig. Der Europaabgeordnete der Grünen, Michel Reimon, zeigte sich "nur halbglücklich mit dieser Lösung".
Die Telekom-Monopole seien nur in Oligopole verwandelt worden, sagte Rübig, der sich über massiven Widerstand des Europäischen Rates wegen des starken Lobbyings der Telekom-Industrie beklagte. Jedenfalls brauche es mehr "Glasfasertechnologie und das Rollout von 5G", so Rübig. Auch müsse der Breitbandausbau gewährleistet werden.
Reimon zeigte sich unzufrieden, weil es immer noch Auslandstelefonate in der EU gebe. Für das Zusammenwachsen in der EU sei es extrem wichtig, dass das aufhöre. Daher müsse ein nächster Schritt sein, Auslandstelefonate ganz abzuschaffen, forderte Reimon. Den Telekommunikationsunternehmen sei die Netzneutralität geopfert worden. Diese könnten nun einen Netflix-Film anders bewerten als das Streaming von Musikdiensten. Das führe zu einem Ungleichgewicht im Netz und "das tut sehr weh", so Reimon.