Nach einer ersten Prüfung der Wettbewerbshüter überschreiten die in der Branche üblichen langjährigen Verträge zwischen Milchbauern und Molkereien und die darin enthaltenen Exklusivitätsklauseln "den Rahmen des kartellrechtlich Zulässigen".

Die Behörde drängte die Milchwirtschaft deshalb in einem am Montag veröffentlichten Papier dazu, ihre Verträge mit den Milchbauern zu ändern. Doch der Vorstoß stieß in der Branche auf heftige Ablehnung.

"Beschränkung des Wettbewerbs"

Das Bundeskartellamt hatte in den vergangenen Monaten 89 private und genossenschaftliche Molkereien zu ihren Lieferbedingungen befragt. Sie verarbeiten zusammen etwa 98 Prozent der in Deutschland produzierten Milch. Milchbauern hatten im vergangenen Jahr deutschlandweit über zu niedrige Preise geklagt, die Politik sagte Hilfsgelder zu. Mittlerweile sind die Preise wieder gestiegen.

Üblich sind bei den Molkereien demnach Verträge mit langen Kündigungsfristen und Laufzeiten. Außerdem würden die Landwirte flächendeckend dazu verpflichtet, ihre Milch ausschließlich bei ihrer Molkerei abzuliefern, urteilte das Kartellamt. Weit verbreitet sei auch, dass der Auszahlungspreis für die Milch erst nach der Lieferung festgesetzt werde. Im Zusammenspiel führe all dies zu einer Beschränkung des Wettbewerbs, teilte das Kartellamt mit.

"Problematisch"

"Es gibt so gut wie keine Wechsel der Molkerei. Das ist problematisch für die Landwirte und behindert mögliche Newcomer auf der Molkereiseite oder Molkereien, die ihre Tätigkeit ausdehnen wollen", teilte Kartellamtspräsident Andreas Mundt mit. Um Abhilfe zu schaffen, plädierte die Behörde etwa für kürzere Kündigungsfristen für Produzenten und für eine Festlegung der Preise vor Lieferung.

Doch in der Branche stießen die Vorschläge auf scharfe Kritik. Der Milchindustrie-Verband (MIV) bezeichnete den Vorstoß als "weltfremd". Die Behörde verstehe nicht, wie der Milchmarkt funktioniere, bemängelte Hauptgeschäftsführer Eckhard Heuser. Die vom Bonner Amt geforderte Begrenzung der Vertragslaufzeiten bringe vielen Erzeugern keinen Vorteil. Denn sie benötigten diese Sicherheit, um Investitionskredite von Banken zu erhalten.

Verwerfungen befürchtet

Der Deutsche Raiffeisenverband (DRV) befürchtet, die vorgeschlagenen Änderungen könnten zu Verwerfungen auf dem Milchmarkt führen. "Erwartungen, dass solche Maßnahmen zu höheren Milcherzeugerpreisen führen, werden sich nicht erfüllen. Sie führen im Gegenteil zu mehr Unsicherheit für alle Akteure", sagte DRV-Präsident Manfred Nüssel.

Deutschlands größte Molkerei, die Deutsche Milchkontor GmbH (DMK), überschrieb ihre Stellungnahme mit dem Warnruf: "Kartellamt zerstört den deutschen Milchmarkt". Die vorgeschlagenen Änderungen gingen an der Wirklichkeit der milcherzeugenden Landwirtschaft "meilenweit vorbei" und bedrohten das seit über 150 Jahren erfolgreiche Modell der im bäuerlichen Eigentum stehenden Erzeugergenossenschaften, bemängelte die DMK. Die vom Kartellamt kritisierten Lieferbedingungen seien unabdingbar für das Überleben der bäuerlichen Milchwirtschaft. Die DMK spielt eine zentrale Rolle im Streit. Denn er wird derzeit noch als Musterverfahren gegen die größte deutsche Molkerei geführt.