Auch beim Wert der Transaktionen hat es 2016 einen sprunghaften Anstieg gegeben, von 30,1 Mrd. Dollar (2015) auf 85,8 Milliarden Dollar (80,70 Mrd. Euro). Dazu beigetragen hat die Übernahme der Schweizer Syngenta durch die China National Chemical Corp, die alleine 44,2 Mrd. Dollar wog. Das war auch der Grund, warum im Vorjahr das meiste Geld in die Schweiz floss (45,8 Mrd. Dollar) vor Deutschland (12,6 Mrd. Dollar) und Großbritannien (9,6 Mrd. Dollar). Finnland stand mit 9 Mrd. Dollar auf Rang vier, weil im Vorjahr die Supercell OY von der Tencent Holdings um 8,6 Mrd. Dollar übernommen wurde.
Für Österreich verzeichnet EY lediglich zwei Übernahmen durch chinesische Investoren. Die Mehrheitsübernahme der LMF Unternehmensbeteiligungs GmbH durch den Kompressor-Hersteller Kaishan Compressor um 26,23 Millionen US-Dollar und den Kauf des Autozulieferers Austria Druckguss GmbH & Co. KG durch den Automobilzulieferer Zhongding (ohne Preisangabe).
"Österreich nur Zaungast"
"Österreich ist bei diesem Boom momentan nur Zaungast", analysiert Eva-Maria Berchtold, Partnerin bei EY Österreich. Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen seien nicht interessant. Wenn überhaupt gebe es aus China nur Interesse an "einzelnen Top-Betrieben mit starker Spezialisierung und führenden Technologien", etwa Ski-Firmen, die vor den olympischen Winterspielen von 2022 in China wegen ihrem Know-how interessant seien.
Der Boom bei der chinesischen Einkaufstour in Europa im Jahr 2016 mag von einigen großen Deals verzerrt worden sein, der langfristige Trend ist aber eindeutig. Vor zehn Jahren (2006) wurden erst 51 Transaktionen verzeichnet (mit einem Volumen von 4,5 Mrd. Dollar), seither hat es einen stetigen Anstieg gegeben. EY geht davon aus, dass dieser Trend weitergehen wird, auch wenn die politischen Rahmenbedingungen schwieriger geworden sind.
Zweifel wachsen
Denn in Europa, vor allem in Deutschland, wachsen die Zweifel an Investoren aus dem Land der Mitte. Und auch die chinesische Führung stehe großen Übernahmen im Ausland inzwischen kritischer gegenüber, meint Berchtold. China kontrolliere Devisenausfuhren genau und habe Sorge, dass der Renminbi geschwächt wird.
Positiv für Deutschland könnten sich der Brexit und Trumps Protektionismus auswirken. Deutschland ist nach der Zahl gerechnet mit 68 Transaktionen mit Abstand führend bei chinesischen Firmenkäufen, vor Großbritannien (47) und Frankreich beziehungsweise Italien (je 34). "Angesichts des Brexits denken einige chinesische Firmen darüber nach, ihre Europa-Zentrale von Großbritannien nach Deutschland zu verlegen", schreibt Berchtold. Und da Chinas Firmen fürchten, es unter Trump in den USA bei Investitionen schwerer zu haben, hätten "einige chinesische Private Equity Häuser ihr Pläne kurzfristig geändert und ihre Investitionsfonds in Europa gegründet", heißt es in einer Aussendung von EY.