Verkehrsminister Jörg Leichtfried (SPÖ) will bei einem Expertentreffen der Anrainerstaaten Deutschlands am Mittwoch in Brüssel eine gemeinsame Klage gegen die deutsche Pkw-Maut prüfen. Am Ende könne eine gemeinsame Klage das Ziel sein, sagte Leichtfried nach einem Treffen mit EU-Abgeordneten in Brüssel. Ziel der Allianz sei es jedenfalls, "gegen eine reine Ausländermaut aufzutreten".
Österreich könnte zwar auch alleine gegen die deutschen Mautpläne klagen, sagte Leichtfried, "aber es geht auch um europäische Grundsätze". Der Verkehrsminister will außerdem den deutschen Gesetzgebungsprozess vor einer Klagsentscheidung noch abwarten.
Leichtfried sparte nicht mit Kritik an der EU-Kommission, welche die deutschen Mautpläne nach Änderungen für die Kompensierung deutscher Autofahrer letztlich gebilligt hat. "Ich sehe ein Prinzip verletzt. Die Stärke des Rechts, das bisher in der EU gegolten hat, wird durch das Recht des Stärkeren ersetzt", sagte er. Auf Fragen, ob EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker dem Druck der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel nachgegeben habe, sagte Leichtfried: "Das wären Vermutungen, aber man hört das."
"Nicht europarechtskonform"
Der Kritik an der EU-Kommissionsentscheidung schlossen sich parteiübergreifend mehrere EU-Abgeordnete an. Die ÖVP-Europaabgeordnete Claudi Schmidt kündigte an, EU-Verkehrskommissarin Violeta Bulc werde bei der nächsten Plenarsitzung des EU-Parlaments an einem Donnerstag in Straßburg zur Maut Rede und Antwort stehen. "Unserer Meinung nach ist die deutsche Maut nicht europarechtskonform", auch nach kleineren Änderungen, sagte Schmidt. Die ÖVP-Europaabgeordnete befürchtet eine Folgewirkung auf andere EU-Länder, die das deutsche Modell nachmachen könnten.
Die Europaabgeordneten planen zur deutschen Pkw-Maut auch eine Resolution, in der auf die Einhaltung europäischer Regeln gepocht werde, wie der deutsche SPD-EU-Parlamentarier Ismail Ertug sagte. Als Junckers Kommission angetreten sei, habe dieser versprochen, dass es keine Hinterzimmer-Deals geben werde. Die deutsche Maut sei aber ein klassisches Beispiel dafür, wie man das Vertrauen in die EU-Kommission als Hüterin der Verträge verlieren könne, wenn solche Deals geschlossen würden, sagte Ertug. Das Europaparlament müsse das Bollwerk gegen weiteren nationalen Protektionismus sein.
Auch der belgische christdemokratische EU-Abgeordnete Pascal Arimont kritisierte, die EU-Kommission habe nicht begründet, warum sie plötzlich die deutsche Maut genehmigt habe. Arimont warnte vor einer Unterminierung des Binnenmarktes, wenn das deutsche Beispiel Nachfolger schaffe. Die sozialdemokratische Abgeordnete Karoline Graswander-Hainz bezeichnete die deutschen Mautpläne als "unsolidarisch und unfair und nicht mit dem europäischen Grundgedanken vereinbar". Die Abgeordneten wollten der EU-Kommission eine Frist setzen, bis zu der diese auf die Resolution des Europaparlaments antworten könne, sagte sie.
Leichtfried wurde auch gefragt, ob er das Problem mit dem neuen SPD-Chef und Kanzlerkandidaten, dem früheren EU-Parlamentspräsidenten Martin Schulz, besprechen werde. Leichtfried erklärte, er werde das Gespräch mit Schulz suchen, wolle aber "einem guten Freund" nichts öffentlich ausrichten.