Neuer "Dieselgate"-Schock für VW: Mitten in den Endspurt der Verhandlungen um einen Vergleich mit der US-Justiz platzt eine weitere Bombe - eine US-Strafanzeige gegen einen VW-Manager liefert für die Konzernspitze brisante Details.
Ein leitender VW-Mitarbeiter bekam am vergangenen Samstag den langen Arm der US-Justiz zu spüren - die Bundespolizei FBI nahm den 48-Jährigen wegen mutmaßlicher Mittäterschaft beim Abgas-Skandal am Flughafen Miami fest. Die Rückreise nach Deutschland endete abrupt. Wegen Fluchtgefahr darf der Mann, der bei VW in den USA für die Einhaltung von Umweltvorschriften verantwortlich war, die USA vorerst nicht verlassen. Bis Donnerstag muss er jedenfalls im Gefängnis bleiben. Auch weitere Manager von Volkswagen müssen nun zittern, denn die Strafanzeige enthält heftige Vorwürfe gegen die Führungsspitze.
Wer ist der Festgenommene und was wird ihm vorgeworfen?
Es handelt sich um einen VW-Mitarbeiter, der nach Angaben der US-Behörden seit 1997 für den Konzern tätig ist. Von 2012 bis März 2015 soll er als führender Angestellter in den USA mit Umweltfragen betraut gewesen sein. Das US-Justizministerium wirft ihm eine Beteiligung beim massenhaften Abgasbetrug vor. VW hatte im September 2015 nach Vorwürfen der US-Umweltbehörden zugegeben, bei Hunderttausenden Dieselautos mit einer speziellen Software die Emissionswerte gefälscht zu haben.
Wie ging der Mann den US-Fahndern ins Netz?
Der VW-Manager war laut FBI-Angaben im Urlaub in Florida. Der Beschuldigte landete bereits am Montag erstmals in Miami vor Gericht - er wurde dort laut US-Medien filmreif in Handschellen und Gefängnisuniform vorgeführt. Der Richter ordnete an, dass der Mann in Gewahrsam bleibt.
Warum ist der Fall brisant für die Konzernspitze?
In den Gerichtsdokumenten zur Strafanzeige werden heftige Vorwürfe gegen das Management erhoben. Demnach war die Konzernspitze nicht nur seit Juli 2015 in die Manipulationen eingeweiht, sie soll die zuständigen US-Mitarbeiter sogar autorisiert haben, den Betrug gegenüber den US-Behörden weiter zu leugnen. Solche Anschuldigungen sind zwar nicht gänzlich neu, doch diesmal stützt sich die US-Justiz auf die eidesstattliche Erklärung eines FBI-Agenten und Aussagen gleich mehrerer Konzern-Insider.
Welche weiteren juristischen Baustellen gibt es?
Abseits der milliardenschweren Kosten in den USA droht den Wolfsburgern auch in Europa weiter Ungemach. Angesichts der hohen Entschädigungszahlungen für Dieselbesitzer in den USA werden die Rufe der Verbraucherschützer nach Wiedergutmachung für europäische Kunden immer lauter. Hunderte Einzelklagen von Autobesitzern gegen VW oder Händler laufen allein in Deutschland. Die Kläger könnten davon profitieren, dass die EU ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland eröffnet hat. Volkswagen stellt sich bei der Frage nach Entschädigungen nach wie vor quer und argumentiert, die Betrugssoftware sei in Europa nicht gesetzeswidrig.
Strafrechtlich ermittelt wird aber in Deutschland gegen VW-Angestellte und Manager, unter anderem wegen der Software-Manipulationen. Anklage wurde aber noch nicht erhoben. Weltweit sind rund elf Millionen Wagen von der "Dieselgate"-Affäre betroffen. Die Ermittler gehen daneben dem Verdacht nach, dass unter anderem Ex-Konzernchef Martin Winterkorn und der jetzige Aufsichtsratschef Hans Dieter Pötsch den Finanzmarkt zu spät über den aufgeflogenen Skandal ins Bild gesetzt haben.