In der VW-Abgasaffäre drohen Anwälte mit massenhaften Klagen im Namen von Autobesitzern. Das auf Verbraucherschutzverfahren spezialisierte Unternehmen MyRight reichte am Dienstag beim Landgericht Braunschweig die erste Musterklage gegen den Wolfsburger Konzern ein, die Auftakt für zahlreiche weitere Klagen sein soll.
MyRight arbeitet mit der weltweit tätigen und auf Verbraucherschutz spezialisierten US-Kanzlei Hausfeld zusammen. Volkswagen wollte die Klage zunächst nicht kommentieren. Die deutsche Bundesregierung reagierte verhalten.
35 Prozent Provision im Erfolgsfall
Hausfeld argumentiert in der in Braunschweig eingereichten Klageschrift, dass die Betriebserlaubnis für einen Wagen vom Typ VW Eos durch den Einbau einer verbotenen Abschalteinrichtung erloschen sei und der Wagen nie hätte in Verkehr gebracht werden dürfen. Der Kläger verlangt von Volkswagen die Rücknahme seines Fahrzeugs und will den vollen Preis erstattet bekommen.
Laut MyRight haben sich bereits mehr als 100.000 VW-Kunden auf der Onlineplattform registriert. Diese treten ihre Forderung an den Dienstleister ab, der gegen VW klagt. Im Erfolgsfall streicht MyRight 35 Prozent Provision ein.
Nach Ansicht der Kläger sind die technischen Bescheinigungen der betroffenen Fahrzeuge wegen der Abgasmanipulation falsch und damit ungültig. Mit diesen Dokumenten werden Fahrzeuge EU-weit zugelassen. Zudem sei Volkswagen beim Verkauf der Wagen nicht im Besitz der erforderlichen Typengenehmigungen gewesen, da diese durch den Einbau verbotener Abschalteinrichtungen erloschen seien. Die Typengenehmigung werde auch durch die Reparatur der Fahrzeuge nicht wieder gültig.
Warnung vor "Prozess-Industrie"
Mit diesem Ansatz setzen die Juristen von Hausfeld einen anderen Hebel an als etwa Anwälte, die VW oder Autohändlern in Deutschland Sachmängel oder arglistige Täuschung vorwerfen.
Das für Verbraucherschutz zuständige deutsche Justizministerium wollte zu dem Vorgang keine Stellung nehmen, da man sich zu einzelnen Gerichtsverfahren nicht äußere. Allerdings haben Vertreter des Ministeriums in der Vergangenheit wiederholt vor einer "Prozess-Industrie nach US-Vorbild" gewarnt.
In den USA haben sich Kanzleien darauf spezialisiert, im Namen von Verbrauchern Schadenersatzprozesse zu führen mit Forderungen, die rasch Hunderte Millionen Dollar erreichen können.