Diesem Duett in der Chefetage im Erste Campus in Wien blickt man mit Spannung entgegen: Zu Jahresbeginn tritt Willibald Cernko seinen Dienst im Vorstand der Erste Group an. An der Seite von CEO Andreas Treichl wird der ehemalige Bank-Austria-Chef Cernko das Risikomanagement verantworten. Das Zusammentreffen zweier sogenannter „Alpha-Tiere“ ist an sich schon bemerkenswert. Die erhöhte Schlagkraft ist auch mit Blick auf die Strukturierungserfordernisse links und rechts in der Branche, von UniCredit bis Raiffeisen, eine interessante Ansage.
Risikokosten
Nach der fulminanten Rückkehr ins Plus mit 968 Millionen Euro Nettogewinn 2015, sieht Treichl die Erste Group heuer auf Kurs, die Dividende auf einen Euro je Aktie zu verdoppeln. Vor allem auch dank geringerer Risikokosten. Indem man in Milliardenhöhe notleidende Kredite in Osteuropa verkauft hat, sank deren Anteil zum Halbjahr auf 5,8 Prozent, im 3. Quartal auf 5,5 Prozent. Sah man zur Jahresmitte mit 841,7 Millionen Euro (plus 73 Prozent) schon Rekordgewinn, so stiegen die Risikokosten im 3. Quartal wieder an.
Regularien als Dämpfer
Das niedrige Zinsniveau hält grundsätzlich Kreditausfälle niedriger, während die Bankenregularien dem Geschäft zusetzen. "Das wird sich 2017 nicht sehr stark von 2016 unterscheiden", sagt Cernko. Für seinen Bereich, der "wettbewerbsentscheidend im Bankgeschäft" sei, sieht er weiter "das Bestreben, den Banken die Risikoübernahme zu erschweren. Dass dies in einer Region wie CEE, die von KMU´s und deren Investitionen lebt, nicht sehr sinnvoll ist, habe ich schon in der Vergangenheit immer wieder gesagt."
Wettbewerb mit Start-ups
Wie wird Cernko es anlegen? "Bei allen Herausforderungen durch neue Technologien, Regulatorien und wachsendem Wettbewerb durch Nicht-Banken, dürfen wir den Kunden nicht aus den Augen verlieren. Die persönliche Beziehung zwischen Berater und Kunden ist ein enormer Wettbewerbsvorteil, den wir gegenüber Start-ups haben", erklärte er vorweg der Kleinen Zeitung.
Österreich-Geschäft
"Wir haben einen großen Vorteil gegenüber Google & Co: Unsere Mitarbeiter, die in den Filialen stehen und sich um die Geldgeschäfte unserer Kunden kümmern. Diese Beziehung macht uns stark", sagt auch Stefan Dörfler, der seit Oktober CEO der Erste Bank ist. Ehe sein Vorgänger Thomas Uher ausschied, hatte Treichl im Österreich-Geschäft eine bessere Kosten-Ertrags-Relation eingefordert. "Das Umfeld ist herausfordernd, aber das ist es auch für viele andere Branchen. Als Tennisspieler sehe ich das auch mit einem gewissen sportlichen Ehrgeiz", sagt der gebürtige Kärntner, der vom Treasury-Chef zum CEO aufrückte und seinen Job eine "tolle Aufgabe" nennt. "Als Banker sehe ich mich in einer Funktion, Dinge möglich zu machen, Kunden dabei zu unterstützen, Projekte zu realisieren und ihnen Mut zu machen, weil sie einen Finanzpartner an der Seite haben."
Adolf Winkler