Die Digitalisierung fordert die Banken heraus. Wie spürt das die Sparkasse?
Gabriele Semmelrock-Werzer: Es ist ein Wendepunkt für die Finanzindustrie. Wir fühlen uns gerüstet und sehr wohl – im Moment. Niemand weiß aber, wo das Ende sein wird und was der Kunde künftig von einer Bank will. Ich bin überzeugt, dass Omnichannel Bestand haben wird, Bankleistungen auf allen Kanälen. Ich war gerade bei einem Workshop in Paris mit europäischen Banken und Onlinebanken. Alle waren sich einig, dass Beratungsqualität und direkter Kontakt für komplexe Themen wichtig ist. Daher wird eine Art von Filiale notwendig sein. Transaktionen werden nur noch digital laufen. Telefon- und Mail-Kontakt werden 24 Stunden erwartet.
Gäbe es die Kärntner Sparkasse nicht seit 1835, wie würden Sie sie auf die Wiese stellen?
Nicht als reine Onlinebank. Man würde weniger Filialen haben und anders positionieren. Der Gründungsauftrag, mit dem Gewinn die Region zu fördern, ist eine geniale Idee, der müsste gleich bleiben.
Filial- und Onlinenetz für die Kunden bedeuten doppelte Kosten. Überleben die Banken das?
Das wird spannend. Es liegt an uns, ob wir wesentlich effizienter werden. Digitalisierung ist nicht bloß ein Frontoffice-Thema für die Filialseite. Sie muss die gesamte Bank erfassen, auch die Abwicklungen. Wir arbeiten am Programm für einen Bau- und Wohnrechner, mit dem Kunden online mit ihren Daten sehen können, welcher Kredit möglich ist. Ab 2017 sollte ein Kunde mit einem Berater so die Zusage für einen Bau- und Wohnkredit innerhalb von einer halben Stunde erhalten, die dann direkt am Betreuer vorbei in die Abwicklung geht.
Wie breit geht die Nutzung?
Durch die Zugehörigkeit zur Sparkassengruppe haben wir mit „Gorge“ ein innovatives Onlinebankmedium, das eine Million Kunden in Österreich nutzen. In Kärnten haben 80 Prozent unserer 220.000 Kunden einen Zugang, 40 Prozent nutzen ihn aktiv.
Im Zahlungsverkehr graben Start-ups, die Fintechs, mit Transfersystemen, den Blockchains, Banken das Wasser ab.
Fintechs können schnell und ohne Regulierung Nischen besetzen, wo sie dann mit einem Angebot rasch ein paar hunderttausend Kunden erreichen. Die ziehen das Geschäft schnell hoch, aber dann ist es rasch auf Verkauf ausgerichtet. Die Erste Group hat für George auch mit Fintechs kooperiert. Unsere Hauptkonkurrenten sind aber Google und Amazon, große Onlinemultikanalgiganten, die davon leben, dass sie möglichst viel über ihre Kunden wissen und daher den Zugang zum Finanzleben der Kunden suchen.
Wann werden Google & Co günstigere Kredite anbieten?
Sie haben schon Banklizenzen, bieten Kredite aber noch nicht an. Hedgefonds bieten Kredite an, aber zu sehr hohen Zinsen. Irgendwann werden Google & Co mit extrem attraktiven Angeboten kommen, deshalb müssen wir kompetitiv bleiben.
Was macht Sie wettbewerbsfähig gegen die Riesen?
Mit „George“ haben wir erkannt, dass ein Onlinebanksystem praktikabel sein muss – lässig spielerisch, zum Wohlfühlen. Drei Buchstaben eingeben, wie bei Google, und es schlägt mit ein Konto vor. Mit einem App kann ich meine private Finanzwelt zusammenstellen. Seit einigen Wochen gibt es den ersten Onlinekredit für Kunden. Ohne Werbung wurden im Sektor schon 350 Kredite aufgenommen – die meisten am Samstag. Da müssen wir uns in der Filiale unterscheiden mit Strategie Richtung Wohlfühlen.
Wie mit dem Bäcker in Ihren Filialen. Bleibt deren Anzahl?
Wir sind mit 48 Filialen in Kärnten gut positioniert. Ob sich etwas ändert, hängt vom Kunden ab. In Ebenthal haben wir gerade umgebaut. Es hat Atmosphäre wie im Wohnzimmer – mit Service. Das muss auch preislich differenzieren.
Bankomatgebühren?
Das ist ein heißes Thema für den ganzen Sektor. Technologisch sind wir so weit, dass man per Handy abheben kann.
Die Zinsen bleiben tief, wie ist die Investitionslaune im Land?
Wir haben ein Kreditbuch in Kärnten von 3,5 Milliarden Euro und sind in den letzten Jahren stetig gewachsen. Die meisten Kunden haben sich auf kompliziertere Kreditvorgabe durch die EZB-Regularien eingestellt. Viele Unternehmen investieren wegen komplizierter Betriebsstättengenehmigungen nicht.
Kein Einser für die Politik.
Bei der Entbürokratisierung wäre sicher viel Spielraum.
Das Land hakt die Heta ab, packt es aber die Strukturen an?
Die Stimmung hat sich gebessert. Ein Luftholen geht durch das Land. Von Aktionen habe ich aber nichts gemerkt. Es ist gut, was im Lakesidepark passiert, aber Kärnten ist größer. Ich hoffe, dass sich das Land so aufstellen kann, dass es in Zukunft mehr investieren kann.
2016 bringt ein gutes Bankergebnis wie 2015?
Wir sind stolz, dass wir Kunden gewinnen und sind zufrieden.
Adolf Winkler